Emslandplan
Kein anderer Teil Niedersachsens hat in der Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs einen Wandel erlebt wie das Emsland.
Jahrhundertelang galt es als ''Armenhaus Deutschlands'', als Land öder Moor- und Heidegebiete mit ausgedehnten und weitgehend unzugänglichen Hochmoore links und rechts der Ems (Bourtanger Moor). Zwar gab es vom Ende des 17. Jahrhunderts bis in die Weimarer Republik verschiedenste Entwicklungsversuche, sie scheiterten insgesamt daran, dass sie isoliert blieben und keine nachhaltige Gesamterschließung im Blick hatten.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sah sich die Politik gezwungen, die Rückständigkeit des Emslandes endlich umfassend zu beseitigen. Dafür gab es drei Gründe: Die große Zahl der aus dem deutschen Osten in das Emsland strömenden Flüchtlinge, niederländische Gebietsforderungen und namhafte Erdölfunde, die bereits seit 1942 ausgebeutet wurden. Am 5. Mai 1950 beschloss der Bundestag einstimmig den Antrag zur 'Erschließung der Ödländereien des Emslandes´. Einen entscheidenden Schub bekamen die Verhandlungen durch das Abkommen der Bundesregierung mit den USA über Wiederaufbauhilfe (European Recovery Programm, 'Marshall-PlanA). Dies ermöglichte, den Emslandplan aus Bundesmitteln zu finanzieren. Mit der Planung, Koordinierung und Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen wurde die am 7. März 1951 in Hannover vom Bund, dem Land Niedersachsen und den im Erschließungsgebiet gelegenen Kreisen gegründete ''Emsland GmbH'' beauftragt.
In der Rückschau hat man die Emslanderschließung in drei Phasen gegliedert. Kennzeichnend für die erste Phase, die bis etwa 1965 dauerte, war die Verbesserung der Landwirtschaft. Durch die Kultivierung von Ödland und Moor erreichte man eine Vergrößerung der nutzbaren Flächen und durch verbesserte Landbaumethoden eine Steigerung der Erträge. Gleichzeitig wurde die Flurbereinigung begonnen. Das Maßnahmebündel beinhaltete ebenfalls die Verbesserung der Wasserverhältnisse (Grund-, Ab- und Trinkwasser) und die Anlage bzw. Erneuerung weiterer Infrastruktur, also Elektrizität und Verkehrswesen. Gleichfalls wurden neue Dörfer angelegt oder erweitert und rund 1.250 Neusiedlerhöfe sowie etwa 5.000 Nebenerwerbsstellen entstanden.
Durch die bereits 1952 erfolgte Gründung des Emsländischen Heimatvereins, später Heimatbund, legte man aber auch die Grundlagen für die Entwicklung des kulturellen Lebens, die bis heute wirken.
In der 2. Phase der Emslanderschließung verlagerten die Verantwortlichen den Arbeitsschwerpunkt auf die Ansiedlung von Industrie und Gewerbe. Es galt Arbeitsplätze für die wegen der einsetzenden Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft nicht mehr benötigten Arbeitskräfte und die auf den Arbeitsmarkt drängenden geburtenstarken Jahrgänge zu schaffen.
Zu Beginn der 3. Phase der Emslandentwicklung Anfang der 1970er Jahre befürchtete man einen Konjunktureinbruch mit erheblichen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Im Emsland wollte man dem auch mit der Ansiedlung innovativer Technikprojekte entgegenwirken. So holte man die Versuchsstrecke zur Erprobung einer Magnetschnellbahn ''Transrapid'' ins Emsland. 1980 wurde in Lathen mit dem Bau der Anlage begonnen, die nach dem Endausbau 1987 31,5 km lang ist. Seit 1984 lief der Versuchsbetrieb, der nach einem Unglück auf der Strecke mit 23 Todesopfern im September 2006 zuerst ausgesetzt, dann endgültig beendet wurde.
Die Emsland GmbH wurde auf Beschluss ihrer Gesellschafter 1989 aufgelöst, nachdem die Aufgaben erfüllt waren. Unter Federführung der Emsland GmbH wurden zwischen 1951 und 1989 gut 2 Mrd. DM investiert. Damit hatte man rund 128.000 ha Böden verbessert oder kultiviert, 17.000 ha dräniert, über 6.800 km Vorfluter und Gräben ausgebaut, 700 Flusskilometer reguliert, über 800 km Straßen und 3.300 km Wirtschaftswege angelegt. Außerdem wurden in den zentralen Orten wichtige Industrie- und Gewerbeflächen erschlossen.