23.06.2016

"Das Gewicht des Emslandes in Niedersachsen wächst"

Demografieforum: Bevölkerung und Wirtschaft im Zeichen gesellschaftlichen Wandels

Lingen. Vor gut zehn Jahren hatte der Landkreis Emsland mit einem ersten Fachkongress einen breiten Beteiligungsprozess zum demografischen Wandel gestartet. Jetzt folgte mit dem „Demografieforum Emsland“ im IT-Zentrum in Lingen die Fortsetzung dieses Prozesses. Die aktuellen Herausforderungen für Betriebe, aber auch im privaten Umfeld, standen im Blickpunkt der gemeinsamen Veranstaltung von Landkreis Emsland und Wirtschaftsverband Emsland.

„Wir wollen die Chancen und Potentiale dieser gesellschaftlichen Entwicklung erarbeiten und dabei Bürgerinnen und Bürger mit einbeziehen“, sagte Landrat Reinhard Winter bei der Begrüßung. Die auf dem Forum formulierten Anregungen und Impulse sollten in das Demografiekonzept des Landkreises Emsland einfließen und Handlungsempfehlungen für die Zukunft sein, betonte der Landrat. Er brachte den demografischen Wandel auf die kurze Formel „Wir werden weniger, bunter und älter“.

Darauf verwies auch Maria Borgmann, Vorsitzende des Wirtschaftsverbands Emsland. Sie bezeichnete den demografischen Wandel als „größte innen- und vor allem auch wirtschaftspolitische Herausforderung“. Auch die zahlreichen Arbeitgeber in der Region seien von den Auswirkungen betroffen. „Es gilt, die Beschäftigungsfähigkeit jedes einzelnen Arbeitnehmers u. a. durch Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung zu erhalten“, betonte sie.

Der Impulsvortrag von Lutz Stratmann, Geschäftsführer der Niedersächsischen Demografieagentur und ehemaliger Landesminister, knüpfte hieran an: Die Arbeitswelt befinde sich in einem rasanten Wandel. Neben den demografischen Entwicklungen wirkten sich auch der globale Wettbewerb und ein rasanter Strukturwandel aus. In Zeiten wirtschaftlicher Prosperität sei mit einer reduzierten Zahl junger Fachkräfte und mit einer älter gewordenen Belegschaft und Führungskräften zu arbeiten. Dies erfordere eine völlig neue Unternehmenskultur, die sich von Hierarchien und Einzelleistungen verabschiede und künftig auf das vernetzte Arbeiten in flexiblen Teams setze. Die Arbeitsleistung müsse durch verschiedene Maßnahmen wie betriebliches Gesundheitsmanagement, lebenslanges Lernen, eine größeres Chancengleichheit und Diversität, einen digitalen Wandel sowie eine entsprechende Personalführung in den Unternehmen erhalten werden. Dabei sei es notwendig, mutig neue Wege zu gehen und auch eine Fehlerkultur zuzulassen, betonte Stratmann.

Prof. Lothar Eichhorn vom Landesamt für Statistik in Niedersachsen nahm das Publikum mit auf einen kurzweiligen Ritt durch Zahlen und Statistiken der Bevölkerungsentwicklung. Dabei stellte er heraus, dass das Emsland in seiner Bedeutung in Niedersachsen wachse: „Das Emsland umfasste 2000 3,8% aller Niedersachsen, 2014 waren es bereits 4,2%“, so Eichhorn. Zugleich zeigte er auf, dass das Emsland erst seit 2009 (Niedersachsen bereits seit 2000) ein Geburtendefizit aufweise, die durchschnittliche Lebenserwartung um etwa fünf Jahre gestiegen sei und die Bevölkerung im Emsland zwar im Durchschnitt jünger sei, aber der Alterungsprozess vergleichsweise schneller voran schreite als im Land. „Auch im Emsland gibt es mittlerweile mehr Senioren über 65 (57263) als Kinder unter 15 (46833)“, sagte Eichhorn.

Die Geburtenhäufigkeit sei im Landkreis Emsland dennoch höher als im landesweiten Vergleich, so Eichhorn weiter. Entscheidend seien hier die 25- bis 35-jährigen Frauen, die im Beruf angekommen seien und klare Zukunftsperspektiven und Möglichkeiten der Kinderbetreuung hätten. „Befristete Arbeitsverträge sind hingegen die beste Verhütungsmethode“, scherzte er. Das Emsland sei zudem ein „Einwanderungsland“. Im Schnitt habe der Landkreis im Zeitraum 2000 bis 2014 pro Jahr 892 Personen dazugewonnen. Die große Zuwanderung durch Flüchtlinge lasse aktuell keine verlässlichen Daten für 2015 zu.

Nach den Vorträgen fanden Workshops zu den Schwerpunktthemen „Betrieb der Zukunft“ sowie „Leben und Wohnen der Zukunft“ statt. In einer abschließenden Diskussionsrunde betonten Winter, Stratmann und CDU-Bundestagsabgeordneter Albert Stegemann, dass weitere Aktivitäten zur Sicherung demografiefester Strukturen erfolgen werden. Winter stellte in Kooperation mit dem Wirtschaftsverband und der Sparkasse Emsland themenspezifische Angebote für die emsländischen Betriebe in Aussicht.

Präsentationen zu den einzelnen Beiträgen sind im Internet unter http://www.emsland.de/demografieforum2016 einzusehen.

Bild: (v. l.) Maria Borgmann, Vorsitzende des Wirtschaftsverbandes Emsland, Landrat Reinhard Winter, Prof. Lothar Eichhorn vom Landesamt für Statistik in Niedersachsen und Lutz Stratmann, Geschäftsführer der Niedersächsischen Demografieagentur und ehemaliger Landesminister, zeigten beim Demografieforum Emsland künftige Entwicklungen auf. (Foto: Landkreis Emsland)