04.02.2025

„Geschichtsverlust führt zu Demokratieverlust“ – Eröffnung der neuen Sonderausstellung zu den Zeugen Jehovas

Knapp 600 Gäste hat die Gedenkstätte Esterwegen vor einigen Tagen zur Eröffnung der Sonderausstellung „Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas 1933 – 1945“ begrüßen können. „Wir freuen uns sehr über den enormen Zuspruch“, sagte Co-Gedenkstättenleiter Sebastian Weitkamp. Die Eröffnung erfolgte anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar.


Co-Leiter Weitkamp und der Kurator der Ausstellung, Christoph Wilker, führten bei der Veranstaltung in das Thema ein. Michael Tsifidaris, Sprecher der Zeugen Jehovas in Norddeutschland, sprach ein Grußwort. „Die Ausstellung verdient Aufmerksamkeit, da die Mechanismen, die zu Diffamierung, Ausgrenzung und Hass und letztlich zu staatlicher Gewalt führen, hochaktuell sind“, äußerte Tsifidaris. Er dankte der Gedenkstätte Esterwegen für ihren Beitrag zur Forschung und zur Aufrechterhaltung der Erinnerung.
Christoph Wilker beschrieb in seinem Vortrag den Widerstand der Zeugen Jehovas, die den Hitlergruß verweigerten, den Eintritt in die NSDAP ablehnten, Flugblätter gegen das Regime verteilten, die Denunziation jüdischer Mitbürger unterließen und den Dienst in der Wehrmacht ablehnten. „Das Beispiel der Zeugen zeigt, dass der Mensch ‚nein‘ sagen kann. Dies erfordert allerdings Rückgrat“, so Wilker. „Es war ihre innere Überzeugung, die den Zeugen Jehovas die Kraft gab.“


In den Emslandlagern waren Zeugen Jehovas während der gesamten Zeit des Nationalsozialismus inhaftiert worden, zunächst als Schutzhäftlinge, später als Strafgefangene. „Ihre Verfolgung ist eng verknüpft mit der Geschichte der Emslandlager“, schilderte Weitkamp. Der Co-Leiter der Gedenkstätte hob in seinem Vortrag einzelne Schicksale hervor, wie das der Brüder Heinrich und Friedrich Dickmann, die in Esterwegen und Walchum inhaftiert waren wegen des Verteilens von Schriften oder jenes von Walter Axe, der im Oktober 1937 Strafgefangener in Neusustrum wurde.


„Wir erinnern an sie, weil sie Teil unserer Geschichte sind, unserer gemeinsamen Vergangenheit“, sagte Weitkamp. „Es geht dabei nicht um eine ewige Schuld, wie dies immer wieder von rechts behauptet wird. Es geht um Verantwortung, die wir übernehmen. Die Schuld ist mit den Tätern gegangen, die Verantwortung für ihre Taten bleibt. Geschichtsverlust führt zu Demokratieverlust.“
Die Ausstellung „Verfolgung und Widerstand der Zeugen Jehovas 1933 – 1945“ ist bis zum 22. April 2025 in der Gedenkstätte Esterwegen zu sehen. Der Eintritt ist frei. Christoph Wilker bietet zudem vom 7. bis 9. März 2025 kostenfreie Führungen für Gruppen und Interessierte durch die Ausstellung an (jeweils um 11.30 und 14.30 Uhr). Am 9. März findet lediglich eine Führung um 11.30 Uhr statt. Es sind nur noch wenige Restplätze am 7. und 9. März verfügbar. Um Anmeldung wird gebeten unter: besucherdienst@gedenkstaette-esterwegen.de


Am 9. März 2025 stellt Wilker zudem um 15 Uhr in der Gedenkstätte sein neues Buch vor „Die unbekannten Judenhelfer: Wie Zeugen Jehovas im Nationalsozialismus jüdischen Mitmenschen beistanden". Die Teilnahme ist kostenfrei.

 

links: Michael Tsifidaris Sprecher der Zeugen Jehovas in Norddeutschland, rechts: Christoph Wilker Kurator der Ausstellung

 

 

 

Besucher der Ausstellungseröffnung

 

Fotos: Gedenkstätte Esterwegen, Maren Weers