Kein Anspruch auf Inobhutnahme
Gericht: Flüchtling volljährig - Jugendamt zu Unrecht verpflichtet
Meppen. Das Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück hatte in seinem Beschluss vom 8. Februar 2017 den Landkreis Emsland zu Unrecht verpflichtet, einen angeblich minderjährigen Flüchtling vorläufig in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung unterzubringen. Der Flüchtling habe keinen Anspruch auf eine Inobhutnahme gehabt, stellt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg in seinem Beschluss vom 22. März 2017 nun fest. „Dieser Beschluss gibt uns auf ganzer Linie recht“, sagt Landrat Reinhard Winter.
Der Landkreis Emsland hatte, da keine ausreichenden Nachweise über die Identität des Flüchtlings und auch Zweifel an der Selbstauskunft des Flüchtlings bestanden, zunächst eine qualifizierte Inaugenscheinnahme zur Altersfeststellung durchgeführt. Auf Grundlage des äußeren Erscheinungsbildes des Flüchtlings (Stimmlage, Bartwuchs, Gesichtszüge und Körperbau), seines Verhaltens während eines mit einem Dolmetscher geführten Gesprächs sowie einer in allen vorausgegangenen Verwaltungsverfahren vom Flüchtling selbst behaupteten Volljährigkeit sei der Landkreis Emsland „nachvollziehbar“ zu der Überzeugung gelangt, der Flüchtling sei volljährig, so das OVG.
Das OVG macht deutlich, dass die qualifizierte Inaugenscheinnahme, die das Jugendamt des Landkreises Emsland zur Altersfeststellung des Flüchtlings durchgeführt hatte, vollkommen ausreichend war. „Eine zusätzliche ärztliche Untersuchung ist demnach nicht geboten gewesen“, schreibt das Gericht in seiner Begründung.
Der Landkreis Emsland hatte nach dem Beschluss des VG am 8. Februar zusätzlich ein Gutachten durch das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Münster zur Altersfeststellung veranlasst. Das Institut stellte im Gutachten vom 3. März 2017 beim Flüchtling ein absolutes Mindestalter von 19 Jahren sowie ein wahrscheinliches Lebensalter von etwa 23 Jahren fest. Das Gutachten schließt damit Minderjährigkeit aus. „An der Sachkundigkeit, Unparteilichkeit und Objektivität der mit der Altersschätzung […] beauftragten Gutachter bestehen keine Zweifel“, macht das OVG deutlich.
Entgegen der Auffassung des VG leide die zuerst durchgeführte qualifizierte Inaugenscheinnahme auch „nicht an einem erheblichen Verfahrensmangel“, verdeutlicht das OVG. Der Flüchtling sowie die von ihm benannte Vertrauensperson, die dieser Inaugenscheinnahme beiwohnen sollte, waren vorab über den Termin informiert gewesen. Der Flüchtling habe somit Gelegenheit gehabt, „eine Person seines Vertrauens rechtzeitig zu benennen“, führt das OVG aus.
Der Beschluss des OVG ist rechtskräftig. Die Unterbringung des Flüchtlings in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung wurde sofort beendet.