Landkreis Emsland legt Energie- und Klimaschutzstrategie vor
Ausschuss für Umwelt und Natur diskutiert Vorschläge
Meppen. In insgesamt vier Tagesordnungspunkten hat sich der Umweltausschuss in seiner Sitzung am vergangenen Mittwoch (2. Dezember) mit Fragen der Nachhaltigkeit, Projekten der Klimafolgenanpassung und der Kommunikation beschäftigen. Auch die Schwerpunkte der zukünftigen Energie- und Klimaschutzstrategie 2030 wurden festgelegt. Dafür hat die Verwaltung insgesamt zwölf Beschlussvorschläge, die die Projekte im Einzelnen beschreiben, erarbeitet.
„Mit dem zur Diskussion gestellten Programm will der Landkreis Emsland als Region einen namhaften Beitrag bei der Erreichung der europäischen Klimaziele, der Ziele des Bundes und des Landes leisten und daran mitwirken, die Lebensgrundlagen der Menschen im Emsland zu sichern. Wir wollen alle Projekte gemeinsam mit den Städten und Gemeinden sowie den Bürgerinnen und Bürgern im Emsland in den nächsten Jahren auf den Weg bringen. Wir werden dazu die bereits bestehenden Netzwerke nutzen und weiter ausbauen“, sagt Landrat Marc-André Burgdorf.
Bevor jedoch über die Strategie 2030 beraten wurde, stellte der zuständige Projektleiter Ronny Krutzsch von der Firma seecon Ingenieure Leipzig die Energie- und Treibhausgasbilanz für den Landkreis Emsland vor. Sie ist Nachfolger der Energie- und CO2-Bilanz, die der Landkreis Emsland erstmals 2010 vorgelegt hat und seitdem kontinuierlich fortgeschrieben wurde. Im Ergebnis zeigt sich, dass die wesentlichen Treibhausgasemissionen in den Bereichen Industrie, Haushalte, Verkehr sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen zu verorten sind. Daraus sind die Handlungsfelder für die Klimaschutz- und Energiestrategie abzuleiten. Heruntergebrochen auf jeden einzelnen Emsländer ist ein Treibhausgasausstoß von 13,5 t pro Jahr zu verzeichnen. Verteilt auf die einzelnen Bereiche sind das rund 5 t in der Industrie, 2 t bei Gewerbe, Handel und Dienstleistungen, 3 t bei den Haushalten und 3 t im Sektor Verkehr. Der Durchschnitt deutschlandweit beträgt 9,2 t pro Einwohner und Jahr, der Durchschnittswert für die Treibhausgasemissionen privater Haushalte liegt bundesweit bei 2,4 t pro Einwohner und Jahr. Im Emsland liegt dieser Wert bei 3,1 t pro Einwohner und Jahr. Herausgearbeitet wurde auch, dass der Energieverbrauch privater Haushalte der durchschnittlich bei rund 8.000 kWh pro Einwohner und Jahr liegt, im Landkreis Emsland 12.780 kWh pro Einwohner und Jahr beträgt. Hier sind Ansatzpunkte für Klima- und Energieaktivitäten deutlich erkennbar.
Neben der Treibhausgas- und Energiebilanz wurde dem Ausschuss das Klimaschutzteilkonzept „Kommunale Wärmenutzung“, das sich in der finalen Bearbeitung befindet, vorgestellt. Bereits die Ergebnisse der 1. Klimaschutzstrategie, die der Kreistag 2012 auf den Weg gebracht hatte, ließen ein erhebliches Potenzial für die Verringerung von Treibhausgasen im Bereich der Wärmenutzung erkennen. Das nunmehr vorgestellte Teilkonzept versucht emslandweit Wärmequellen und Wärmesenken zu identifizieren und lokale Wärmenetze auf den Weg zu bringen. In einer Vielzahl von Arbeitssitzungen sind mit den Städten und Gemeinden entsprechende Projektansätze diskutiert und besprochen worden. Am Ende des Prozesses wird es ein Tool geben, das Verknüpfungsmöglichkeiten von Wärmelieferanten und Verbrauchern zeigt, um zu einer Effizienzsteigerung bei der Wärmenutzung zu kommen.
In seiner Sitzung am 24.Juni 2019 hat der Kreistag beschlossen, dass der Landkreis Emsland am european energy award (eea) teilnimmt. Es handelt sich um ein Qualitätsmanagement- und Zertifizierungsverfahren für die kommunale Arbeit im Bereich Klimaschutz und Energie. Inzwischen liegt die Bilanzierung des eea vor. Die Stärken und Schwächen der hiesigen Klimaschutzstrategie wurden beleuchtet. Verbesserungspotenziale sind erkannt und münden in ein Arbeitsprogramm, das dem Umweltausschuss zur Diskussion und Beschlussfassung vorgelegt wurde. Die Zertifizierung für den eea-Prozess ist für Dezember vorgesehen.
Die Ergebnisse der Bilanz sowie grundsätzliche Erkenntnissen zur Nachhaltigkeit und zur Energie- und Klimaschutzsituation sind in die Strategie 2030 eingeflossen. Diese beinhaltet zwölf Beschlussvorschläge, die maßgebliche Aspekte des Umwelt- und Klimaschutzes aufgreifen. Besonders hervorzuheben ist der Vorschlag, die ab dem Jahr 2021 bevorstehende Fortschreibung des Regionalen Raumordnungsprogrammes ganz klar unter die Überschrift Nachhaltigkeit, Biodiversität, Klimafolgenanpassung, Sicherung der Ressource Wasser zu stellen. Die erneuerbaren Energien werden dabei auch ihren Platz haben, sind jedoch nicht Schwerpunkt der Fortschreibung.
Dies begründet sich im Wesentlichen mit der Spitzenstellung, die der Landkreis Emsland bei der Weiterentwicklung der erneuerbaren Energien niedersachsenweit einnimmt. Er hat bereits seit einigen Jahren die vom Land für das Jahr 2030 formulierten Klimaziele erreicht. Über das Regionale Raumordnungsprogramm sollen insbesondere Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung, Wasserhaltung, Grundwasseranreicherung und Biodiversität angestoßen und im Diskurs mit den Städten und Gemeinden und den Menschen im Emsland festgelegt werden. Schwerpunkte sind sicherlich auch die Nutzung von Wärme, aber auch die Speicherung von Energie, die Nutzung von Wasserstoff und die weitere langfristige Strategie für die erneuerbaren Energien.
Ein weiterer besonderer Schwerpunkt, über den bereits mehrfach berichtet wurde, der direkt mit der Fortschreibung des Regionalen Raumordnungsprogrammes verknüpft ist, sind die Aktivitäten der Initiative „Wasser im Emsland“. Diese Initiative befindet sich bereits in der Umsetzung und wird die Verwaltung und den Kreistag in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen. Neben der Sicherung der öffentlichen Wasserversorgung unter Berücksichtigung des Klimawandels ist geplant, auf der Grundlage des Projekts „Emslandplan 2.0 - nachhaltiges Wassermanagement in die Fläche bringen" im Jahr 2021 eine emslandweite intensive Diskussion über ein gemeinsames neues Verständnis zur Wasserwirtschaft im Emsland zu führen. Ziel ist es dabei, die Ressource Grundwasser zu schonen, sie langfristig verfügbar zu halten und zu einem ausgewogenen Verteilungsmechanismus zwischen den verschiedenen Wassernutzern zu kommen. Dieser Prozess wird dann durch Festlegung im Regionalen Raumordnungsprogramm unterstützt und begleitet.
Nachdem der Nahverkehrsplan durch den Kreistag beschlossen wurde, ist es jetzt an der Zeit über weitere Aktivitäten im Rahmen einer Mobilitätsoffensive Emsland zu beraten und diese auf den Weg zu bringen. Das Emsland ist heute touristisches Fahrradland. Das Fahrrad muss jedoch als Verkehrsmittel jahreszeitunabhängig Einzug in die Mobilität finden. Dazu wird es erforderlich sein, den Umweltverbund zu stärken und die Infrastrukturen Auto, E-Fahrzeuge, Busse, Schiene, Fahrräder zu vernetzen und aufeinander abzustimmen. Dabei ist auch ein weiterer Ausbau der Infrastruktur in den Blick zu nehmen. Die angedachte Vernetzung der einzelnen Verkehrsträger soll auch dazu dienen, dass die im Durchschnitt älter werdende Bevölkerung mobil bleibt.
Mit der Energieeffizienzagentur Landkreis Emsland hat der Kreis eine schlagkräftige Institution, die sich bereits in den vergangenen Jahren intensiv mit Projekten der Energieeffizienz im Bereich der kleinen und mittleren Unternehmen beschäftigt hat. Verschiedene Netzwerke wurden aufgebaut, diese gilt es ständig zu erweitern und zu verbessern. Gleichzeitig soll das Arbeitsspektrum der Agentur mit dem Projekt „Klimafreundliches Planen, Sanieren, Bauen und Wohnen im Emsland“ erweitert werden. Aus der Treibhausgasbilanz war ersichtlich, dass u. a. private Haushalte einen erheblichen Anteil an der Treibhausgasemission verursachen. Daher soll hier nochmals ein Schwerpunkt gesetzt werden, um zu einer Verringerung des Treibhausgasausstoßes zu kommen. Angesagt sind verschiedene Projekte und Programme, um das klimafreundliche Planen, Bauen und Sanieren im Emsland zu unterstützen. Dabei wird auch eine Belebung der Zusammenarbeit mit dem Klimacenter Werlte in den Blick genommen.
Mit dem aktuell laufenden Projekt Emsland-Moor-Informationssystem, kurz ELMiS, das im Jahr 2022 abgeschlossen wird, steht dem Landkreis Emsland ein flächendeckendes Kataster zur Moorbodensituation im Emsland zur Verfügung. Aufbauend auf dieses Kataster sollen in den nächsten Jahren Projekte des Moorbodenschutzes entwickelt und umgesetzt werden. Der Schutz der Moorböden kann erheblich zur Verbesserung der Treibhausgasbilanz beitragen. Dieses haben auch Bund und Länder erkannt, da hier aktuell entsprechende Moorbodenstrategien entwickelt werden und es vermutlich auch Fördermittel gibt, die zur Umsetzung von entsprechenden Projekten dienen können.
Intern wird der Fokus verstärkt auf den eigenen Gebäudebestand gelegt. Neben den bereits getätigten Investitionen in die Sanierung und in den Neubau von Gebäuden schlägt die Kreisverwaltung vor, in den nächsten Jahren insbesondere das Management dieser Gebäude zu optimieren und über Energieberichte detailliert einzelne Gebäudekomplexe zu steuern. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen durch zusätzliche Mess- und Regeleinrichtungen sollen nach und nach geschaffen werden.
Auch die Abfallwirtschaft steht vor Veränderungen: Angedacht ist, die Abfallwirtschaft am Ende aller Weiterentwicklungen CO2-neutral betreiben zu können. Nicht nur die Neuausrichtung der Logistik, sondern auch Überlegungen, ob im Rahmen der abfallwirtschaftlichen Prozesse zusätzlich erneuerbare Energien gewonnen werden können, müssen dafür vorangetrieben werden.
Für die Umsetzung der Projekte hat der Fachausschuss dem Kreistag vorgeschlagen, ein Budget von 500.000 Euro in den Haushalt 2021 und die Folgejahre einzuplanen.