27.07.2018

 

Mobile Retter holen Patientin ins Leben zurück

Ersthelfer leisten schnelle Hilfe bei Herzinfarkt

 

Meppen/Emsbüren. Im Notfall geht es um Sekunden, und ein Rettungswagen braucht im Schnitt mehr als acht Minuten. Das Netzwerk Mobile Retter alarmiert zusätzlich Freiwillige in der Nähe des Notfallorts - die schneller eingreifen können: Sebastian Borgel (26 Jahre) und sein Bruder Florian Borgel (28 Jahre) sind zwei der insgesamt rund 1500 registrierten schnellen Ersthelfer im Landkreis Emsland und in der Grafschaft Bentheim, die sich an der Initiative „Mobile Retter“ beteiligen. Sie haben nun bei einem Einsatz die wichtige medizinische Hilfe geleistet, die Bianca Hofschröer (43 Jahre) zurück ins Leben holte.

 

Als der 26-Jährige im Februar 2018 nachts von der Rettungsleitstelle im Kreishaus alarmiert wurde, sprang Sebastian Borgel – wie sein Bruder Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr Emsbüren – aus dem Bett und eilte gemeinsam mit seinem Bruder zum einen halben Kilometer entfernten Notfallort in Emsbüren-Leschede. Als sie dort eintrafen, wurde der Ehemann Andreas Hofschröer schon am Telefon vom Disponenten der Rettungsleitstelle in Meppen zu Erstmaßnahmen beim Kreislaufstillstand angeleitet. Die beiden Brüder übernahmen sofort die kompletten Basismaßnahmen der Wiederbelebung und konnten so Bianca Hofschröers Kreislauf und die lebenswichtige Sauerstoffversorgung der Organe aufrechterhalten. Als der Rettungsdienst eintraf, konnte durch einen einmaligen Stromstoß und die weitere notärztliche Versorgung das Herz der Patientin sehr schnell selbst wieder die Kreislauffunktion sicherstellen.

 

Bianca Hofschröer hatte einen Herzinfarkt erlitten, dabei war es zum Herzkammerflimmern gekommen. Nach dem Transport ins Bonifatius Hospital Lingen wurde Bianca Hofschröer dort kardiologisch weiterbehandelt und konnte sich so schnell gesundheitlich erholen, dass sie schon nach zweieinhalb Wochen das Krankenhaus verlassen konnte. Nach einer anschließenden dreiwöchigen Rehabilitation geht die zweifache Mutter nun schon seit geraumer Zeit wieder ihrer Arbeit in einer Kindertagesstätte nach. „Ich bin den beiden Ersthelfern sehr dankbar“, sagte sie bei einem Pressetermin im Meppener Kreishaus, bei dem sie von ihrem Ehemann begleitet wurde.

 

„In den ersten Minuten nach einem Kreislaufstillstand sinkt die Wahrscheinlichkeit eines Überlebens alle 60 Sekunden um zehn Prozent, insofern zählt in solchen Fällen jede Sekunde. Die Überlebenschancen eines Patienten erhöhen sich durch das frühe Einleiten von Wiederbelebungsmaßnahmen also deutlich“, sagt Dr. Wolfgang Hagemann, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst. Und Dezernent Marc-André Burgdorf betont: „An diesem Beispiel zeigt sich, dass der Ursprungsgedanke der Initiative, ein flächendeckendes Hilfssystem mit Ehrenamtlichen einzurichten, die das reguläre Rettungssystem sinnvoll unterstützen, voll aufgeht. Um hier noch Verbesserungen herbeizuführen, werben wir auch weiterhin um Mobile Retter. Unserer Einschätzung nach, gibt es insgesamt rund 3000 Personen im Landkreis Emsland, die für einen derartigen ehrenamtlichen Einsatz geeignet wären“.

 

Die Mobilen Retter sind Personen, die bereits über Kenntnisse und Erfahrungen bei Notfällen verfügen, wie Rettungskräfte, Feuerwehrleute, Rettungsschwimmer, Pfleger, Sanitäter und Ärzte. Sie alle werden in einem Training auf ihren Einsatz vorbereitet. Im Bereich des Leitstellenverbunds der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim übernehmen diese Ausbildung der Malteser Hilfsdienst und das Deutsche Rote Kreuz. Sie werden durch die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft unterstützt.

 

Im Schnitt viereinhalb Minuten braucht es im Emsland, bis ein Mobiler Retter am Einsatzort eintrifft. In der Regel liegt dieser rund zwei Kilometer vom Aufenthaltsort des Mobilen Retters entfernt. „Im Idealfall erreicht der Mobile Retter den Patienten durch seine räumliche Nähe viel schneller als der Rettungsdienst und kann bereits mit lebenserhaltenden Maßnahmen beginnen“, erläutert Burgdorf. Seit Einführung des Projekts Mitte Dezember 2016 bis Anfang Juli 2018 sind bei 440 Alarmierungen 225 Einsätze von Mobilen Rettern übernommen worden. Davon haben in 90 Fällen die Mobilen Retter aktiv Wiederbelebungsmaßnahmen am Einsatzort noch vor Eintreffen des Rettungsdienstes geleistet. In den übrigen Fällen waren sie am Einsatzort, ohne eingreifen zu müssen oder haben den Rettungsdienst unterstützt.

 

Das System „Mobile Retter“ setzte der Landkreis Emsland mit dem Landkreis Grafschaft Bentheim im Bereich des gemeinsamen Leitstellenverbundes als erster in Niedersachsen um. Es funktioniert wie folgt: Geht ein Notruf in der Leitstelle (112) im Kreishaus in Meppen oder in Nordhorn ein, bei dem ein Herz-Kreislauf-Stillstand oder eine bewusstlose Person gemeldet wird, kann über eine GPS-Abfrage ermittelt werden, ob sich ein qualifizierter Ersthelfer in der Nähe des Notfallortes befindet. Dieser wird durch die Rettungsleitstellen über eine App auf dem Smartphone alarmiert. Nimmt der Mobile Retter den Einsatz an, wird er schnell zum Einsatzort navigiert.

 

Florian und Sebastian Borgel jedenfalls sind froh, dass der Einsatz gut ausgegangen ist: „So gehen wir selbstbewusster und sicherer in einen möglichen nächsten Einsatz – wenngleich die Grundanspannung bleibt“, sagen sie.

 

Bild: Dezernent Marc-André Burgdorf, die Mobilen Retter Sebastian und Florian Borgel, Bianca Hofschröer, Andreas Hofschröer und Dr. Wolfgang Hagemann, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, (v. l.) berichteten vom erfolgreichen Erste-Hilfe-Einsatz der Mobilen Retter. (Foto: Landkreis Emsland)