24.06.2019

„Nachhilfe“ in Deutsch und Mathe

Landkreis Emsland stellt neues Verfahren zur Bedarfsabfrage und Versorgung bei jungen Migranten vor

 

Meppen. Vor kurzem ließen folgende Zahlen, die durch die Presse gingen, aufhorchen: Etwa 6,2 Mio. Erwachsene in Deutschland können nicht richtig Deutsch lesen und schreiben. Rund 47,4 Prozent davon haben einen Migrationshintergrund. Auch im Landkreis Emsland leben eingewanderte junge Menschen, die hier Hilfsbedarf haben. „Sprache ist der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe und je eher wir den Bedarf ausmachen und mit Sprachförderung und weiteren Angeboten gegensteuern können, umso besser“, sagt die zuständige Sozialdezernentin Dr. Sigrid Kraujuttis. Der Landkreis Emsland präsentierte ein neues koordiniertes Verfahren, das sicherstellen soll, dass Förderung dort ankommt, wo sie gebraucht wird.

 

Und es geht nicht allein um deutsche Sprachkenntnisse, sondern auch um den Wissensstand in Mathematik – „beides rudimentäre Grundlagen, um überhaupt im Beruf bestehen zu können“, sagt Kraujuttis.

 

Auf Initiative der BBS Lingen Technik und Gestaltung entstand in Zusammenarbeit mit den Sprachförderkoordinatorinnen des Landkreises das lösungsorientierte Modell, das nun umgesetzt wird. Zunächst wurde mit der VHS Meppen ein Träger mit ausreichenden Ressourcen gefunden, um ein gemeinsames umfassendes Konzept zunächst für Lingen zu erstellen, das später auch auf Meppen ausgeweitet und in Papenburg mit der VHS Papenburg umgesetzt wurde.

 

Zielgruppe des Projekts, das bei der Fachstelle Integration des Landkreises Emsland angesiedelt ist, sind die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund an den sechs kreiseigenen BBSen in Meppen, Lingen und Papenburg. In enger Absprache mit allen beteiligten Akteuren soll gewährleistet werden, dass ihre Bildungsabschlüsse gefördert, Ausbildungsabbrüche vermieden und den Schulabgängern und Schulabgängerinnen Perspektiven und nahtlose Förderangebote vermittelt werden können. Ebenfalls mit im Boot sind das Jobcenter des Landkreises Emsland und die Bundesagentur für Arbeit.

 

Wie sieht das genaue Vorgehen aus? Zunächst werden Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarfen, die aus schulischen Mitteln nicht gedeckt werden können, über die Lehrkräfte der BBSen identifiziert und in Testgruppen eingeteilt. Die Fachstelle Integration führt in Kooperation mit der VHS Meppen und der VHS Papenburg die Testungen an den BBSen in Deutsch und optional in Mathe durch. Nach Auswertung der Testergebnisse werden die Schüler entsprechend ihrer Präsenztage und ihres Förderbedarfs in Kursgruppen aufgeteilt. Das Besondere ist zusätzlich, dass die Förderungen direkt an den BBSen als externes und zusätzliches Angebot im Anschluss an den Unterricht stattfinden, um unnötig lange Anfahrtswege und Fahrtkosten möglichst zu vermeiden. Die Teilnahme ist freiwillig.

 

Nach der Konkretisierung der Bedarfe, werden die passenden Angebote aus den Möglichkeiten der Förderprogramme ausgewählt. Da die gängigen Programme des Landes und des Bundes nicht passend sind, wird über die Sprachförderkoordinatorin eine Förderung aus Kreismitteln nachgesteuert. „Ziel ist es, allen Personen ein Angebot zu machen“, sagt Kraujuttis.

 

Auch wird aufgefangen, wer als Schulabgänger und Schulabgängerin nicht über das Jobcenter oder die Bundesagentur für Arbeit versorgt wird. In Absprache mit den Schulen werden mit diesen Schülerinnen und Schülern Perspektivgespräche von der Fachstelle Integration geführt. Sie erhalten weiterführende Informationen und werden passgenau auf weitere Angebote, wie Sprachkurse, hingewiesen sowie an Berater und Ansprechpartner, z.B. von Wohlfahrtsverbänden, vermittelt.

 

Bis heute haben an den drei Lingener BBSen insgesamt 167 Schülerinnen und Schüler diese Testungen durchlaufen. An der BBS in Meppen sind bislang 165 Migranten in Deutsch getestet worden. An den zwei BBSen in Papenburg nahmen insgesamt 101 Schülerinnen und Schüler an den Testungen in Deutsch und Mathe teil. In Lingen und Meppen, die im Projektverlauf früher gestartet sind, laufen bereits Kursangebote. Unisono sind die Bildungseinrichtungen, die Sprachkursträger und die Fachstelle Integration mit den bisherigen Erkenntnissen und Ergebnissen sehr zufrieden. Eine Weiterführung des Projekts im kommenden Schuljahr ist bereits geplant.