18.02.2016

Nachruf zum Tod der Künstlerin Eva Pankok       

Von Landrat Winter und Stiftungsgeschäftsführerin Dr. Andrea Kaltofen

Eva Pankok, Tochter des Malers, Grafikers und Bildhauers Otto Pankok, ist am 16. Februar im 91. Lebensjahr in ihrem Haus in Hünxe gestorben. Landrat Reinhard Winter und Dr. Andrea Kaltofen, Geschäftsführerin der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen, erinnern in einem Nachruf an die Künstlerin, deren Schicksalsweg sie zusammen mit ihren Eltern auf der Flucht vor dem Nationalsozialismus ins Emsland geführt hatte. Ein Leben lang war Eva Pankok dieser Region seither verbunden, war oft im Emsland zu Gast und erfüllte auch hier das künstlerische Vermächtnis ihres Vaters. Ihr Wirken war eine Bereicherung und Freude für den Landkreis Emsland.

Noch Ende Oktober 2015 nahm sie an der Ausstellungseröffnung des Bilderzyklus „Die Passion“ von Otto Pankok in der Gedenkstätte Esterwegen teil. In ihrem Grußwort hatte sie nicht nur die Entstehungsgeschichte dieser Bilder erzählt, die als Fanal gegen den aufziehenden Nationalsozialismus 1933/1934 geschaffen worden waren. Sie berichtete auch, wie sie mit ihrem Vater bei den Sinti auf dem Heinefeld in Düsseldorf war und mit den gleichalten Kindern gespielt hat - den Kindern, die später fast alle in Auschwitz umkommen sollten. Sie erinnerte ebenfalls an die brennende Synagoge in Düsseldorf und an eine befreundete jüdische Familie, die völlig verstört in ihrer verwüsteten Wohnung saß, als Otto und Eva Pankok sie am 9. November 1938 besuchten.

Otto Pankok verließ mit Frau und Tochter Düsseldorf, nachdem er ab 1937 als „entarteter“ Künstler gebrandmarkt und der Verhaftung durch die Gestapo in Düsseldorf nur mit Glück entgangen war. Die Pankoks fanden Unterkunft bei Familie Meyer in Bokeloh bei Meppen. Eva Pankok ging in die einklassige Dorfschule. Otto Pankok malte – die Kirche Bokeloh auf dem hohen Ufer über der Hase ist ein häufig wiederkehrendes Bildmotiv in seinem Werk dieser Jahre. Der mehrjährige Aufenthalt ihrer Familie in Bokeloh bei Familie Meyer von 1938 bis 1941 hat Eva Pankok tief geprägt, die freundschaftliche Verbindung zwischen Familie Meyer und ihr hatte über Jahrzehnte Bestand, ungezählt sind die Besuche in Bokeloh oder in Hünxe.

Auch der Landkreis Emsland kann auf eine Jahrzehnte lange Verbindung zu Eva Pankok zurückblicken, angefangen von Ausstellungen zur 50. Wiederkehr der Reichspogromnacht 1988 in Haselünne, Meppen und Bokeloh zusammen mit dem Meppener Kunstkreis. Im Jahr 2000 überließ Eva Pankok dem Landkreis Emsland treuhänderisch über 200 großformatige Kohlegemälde ihres Vaters aus den Bokeloher Schaffensjahren. Ausstellungen aus diesem Konvolut, aber auch die berühmten großartigen und eindringlichen Bilderzyklen, die Otto Pankok in den Jahren des Nationalsozialismus schuf, aber nicht ausstellen durfte - „Die Passion“, das „Jüdische Schicksal“, die „Zigeunerbilder“ - wurden in Meppen ausgestellt.

Eva Pankok folgte den großen Lebensthemen ihres Vaters und machte sie sich zu eigen: Toleranz und den Einklang von Mensch, Natur und Kreatur. Sie hat sich ihr Leben lang für Menschlichkeit und Toleranz eingesetzt, für Verfolgte und Diskriminierte. Sie hatte als junges Mädchen Gewalt und Terror erlebt, sie hatte die Entscheidung ihrer Eltern, ein befreundetes jüdisches Ehepaar bei sich zu verstecken und damit das eigene Leben zu riskieren, bewusst mitgetragen. Als Ende 2014 ihre Eltern von der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem posthum in die Reihe der „Gerechten unter den Völkern“ aufgenommen wurden, hat sie in ihrer Dankesrede zwar durchaus auch von ihrer eigenen Angst berichtet, aber auch, dass es für sie selbstverständlich war, zu helfen ohne zu zögern.

Eva Pankok wollte eigentlich Ärztin werden; ihr Großvater war Arzt gewesen. Aber die Umstände im Zweiten Weltkrieg machten dies unmöglich. Sie wurde selbst Malerin, hat aber in deutlichem Gegensatz zu den schwarzweißen Kohlegemälden ihres Vaters in Farbe und Öl gemalt. Ihre Motive fand sie in der Provence. Die Mal-Aufenthalte dort führte sie bis in ihr 90. Lebensjahr fort.

In ihrem Wohnhaus in Hünxe, im Otto Pankok Museum Hünxe, waren immer die unterschiedlichsten Menschen vereint, die aber vereint waren in dem Gedanken, dass jeder einen kleinen Beitrag für die Wahrung der Menschenrechte leisten könne. Das hat Eva Pankok ihr Leben lang getan.