22.04.2022

#StolenMemory: Ausstellung zeigt letzten Besitz von KZ-Häftlingen

Im Übersee-Container auf Gelände der Gedenkstätte Esterwegen – Rückgabe an Angehörige

 

Esterwegen. Die Arolsen Archives und die Gedenkstätte Esterwegen eröffnen am Donnerstag, 28. April, um 16 Uhr in Esterwegen die Open-Air Wanderausstellung #StolenMemory. Im Mittelpunkt stehen der letzte Besitz von Inhaftierten der Konzentrationslager und die Frage, wie es heute noch gelingt, diese sogenannten „Effekten“ an Familien der Opfer zurückzugeben. Zu sehen ist die Ausstellung in einem aufklappbaren Übersee-Container auf dem Gelände der Gedenkstätte Esterwegen.

 

„Effekten“ sind persönliche Gegenstände, die Häftlinge bei ihrer Ankunft in den Konzentrationslagern von den Nationalsozialisten abgenommen wurden. Oft waren es Eheringe, Uhren, Füller oder Brieftaschen mit Fotos. #StolenMemory ist eine Kampagne der Arolsen Archives zur Rückgabe dieser persönlichen Gegenstände an die Angehörigen. Über 600 Familien konnten seit dem Start der Kampagne 2016 bereits gefunden werden. Die Ausstellung zeigt Bilder solcher „Effekten“ und erzählt vom Schicksal von zehn NS-Verfolgten.

 

Ziel der Ausstellung: Aufmerksamkeit und Unterstützung

 

Unter der Überschrift „Gefunden“ lenkt die Ausstellung den Blick auf persönliche Gegenstände, die bereits zurückgegeben werden konnten. Sie berichtet vom Verfolgungsweg der einstigen Besitzerinnen und Besitzer und den Rückgaben an ihre Familien. Mit dem Smartphone können die Besucherinnen und Besucher über QR-Codes Videoportraits aufrufen, in denen die Angehörigen selbst zu Wort kommen.

 

Unter der Überschrift „Gesucht“ werden „Effekten“ gezeigt, die noch auf ihre Rückgabe warten. Eine wichtige Botschaft ist deshalb auch: Jede und Jeder kann die Arolsen Archives bei der Rückgabe der Effekten unterstützen und sich selbst auf Spurensuche nach den Verfolgten und deren Familien begeben, denn noch immer bewahrt das Archiv gestohlene Erinnerungsstücke von knapp 2.500 Personen aus ganz Europa auf.

 

Die Rolle der Emslandlager

 

Zwischen 1933 und 1945 unterhielt der NS-Staat im Emsland und in der Grafschaft Bentheim 15 Lager, die als Teil des Systems von SS, Justiz und Wehrmacht Orte des NS-Terrors waren. In den Lagern litten etwa 80.000 KZ-Häftlinge und Strafgefangene, während des Krieges kamen weit mehr als 100.000 Kriegsgefangene hinzu. Mehr als 20.000 Menschen aus verschiedenen europäischen Ländern sind in diesen Lagern umgekommen.

„Die Gedenkstätte Esterwegen ist ein europäischer Gedenkort, der an diese 15 nationalsozialistischen Emslandlager und ihre Opfer erinnert. Vor diesem historischen Hintergrund war es uns besonders wichtig, die #StolenMemory-Ausstellung nun auch hier in Esterwegen zeigen zu können“, betont Landrat Marc-André Burgdorf, zugleich Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gedenkstätte Esterwegen. „Viele der hier abgebildeten Effekten stammen aus dem KZ Neuengamme bei Hamburg, das Ende 1944 Häftlinge auch in die Lager Versen und Dalum zur Zwangsarbeit verlegte“, ergänzt Burgdorf.

 

Ausstellung und Website

 

Seit August 2020 reist die #StolenMemory-Ausstellung mit mittlerweile drei Containern durch Deutschland und seit 2022 auch durch Polen und Belgien. Begleitend zur Ausstellung bietet die Website interessante Einblicke: Kurze, animierte Filme mit ergänzenden Webstories erzählen von individuellen Schicksalen. Diese Materialien wurden speziell für Jugendliche entwickelt und im Juni 2021 mit dem Grimme Online Award in der Kategorie „Wissen und Bildung“ ausgezeichnet. Auf der Website steht zudem umfangreiches pädagogisches Material zum kostenlosen Download für u. a. Schulen zur Verfügung.

 

Die Ausstellung wird bis zum 17. Mai während der Öffnungszeiten der Gedenkstätte Esterwegen (dienstags bis sonntags, 10 bis 18 Uhr) zu sehen sein.

 

Die Arolsen Archives sind das internationale Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit um-fassendsten Archiv zu Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe.

 

Weitere Informationen zur Ausstellung sind im Internet unter #StolenMemory: https://stolenmemory.org/ zu finden.