22.05.2017

Tatkraft liegt in der DNA der Emsländer

Zukunftsforum Demografie befasst sich mit gesellschaftlichem Wandel

 

Meppen. „Im 40. Jahr seines Bestehens zählt der Landkreis Emsland – anders als noch zu seinen Gründungszeiten – zu den Vorzeigeregionen im Nordwesten“. Für diese einmalige Entwicklung seien die Menschen im Emsland verantwortlich, sagte Landrat Reinhard Winter bei der Eröffnung des Zukunftsforums Demografie im Lingener Ludwig-Windthorst-Haus (LWH) vor rund 180 Teilnehmern.

 

Dieses hohe Engagement gelte es vor dem Hintergrund des demografischen Wandels in die richtigen Bahnen zu lenken, damit sich das Emsland auch weiterhin gut entwickle, machte Winter deutlich. Zahlreiche Ansätze seien beispielsweise mit dem Demenz-Servicezentrum, dem Senioren- und Pflegestützpunkt, einem Demografiebeauftragten, dem Ehrenamtsservice und dem Arbeitskreis Demografie, in dem gemeinsam mit den Kommunen Konzepte für die städtebauliche bzw. dörfliche Entwicklung entworfen würden, bereits umgesetzt worden. Darüber hinaus zählten auch der Ausbau von WLAN-Hotspots und Breitband dazu sowie die Unterstützung von Dorfläden.

 

Auch Caritasdirektor Franz Loth erkannte: „Das Anpacken liegt in der DNA der Emsländer“. Verantwortung, Vertrauen, verändern und vernetzen seien die Schlagworte für die Zukunft. Es sei wichtig mit dem Handeln zu beginnen, „wenn es einem noch gut geht und nicht erst, wenn das Wasser bis zum Hals steht“, sagte er.

 

Dr. Reiner Klingholz und Theresa Damm vom Berlin-Institut stellten die Studie „Von Kirchtürmen und Netzwerken“ vor, die das Bistum Osnabrück und der hiesige Caritas-Verband in Auftrag gegeben hatten. Diese Studie identifizierte die Tatkraft der Menschen im Emsland als zentralen Erfolgspfeiler. Dr. Klingholz führte aus, dass die vorhandene hohe Wirtschaftskraft ein wichtiger, aber nicht der alleinige Faktor für die gute Entwicklung des Emslandes sei. Auch die hohe Vereinsdichte, die die Dörfer stärkt, die Heimatverbundenheit, Bodenständigkeit und das Selbstbewusstsein der Emsländer, Probleme anpacken zu können, trugen zur weiteren positiven Entwicklung bei. Dies sei nicht uneingeschränkt auf andere Regionen übertragbar, da nicht überall so gut ausgeprägte Netzwerkstrukturen wie im Emsland vorhanden seien, sagte er.

 

Prof. Dr. Rolf Heinze von der Ruhr-Universität Bochum bestätigte diese Auffassung: die Verschiedenartigkeit der Kommunen mache regionale Lösungen notwendig. „Vor Ort muss entschieden werden, wie die Dienste der Daseinsvorsorge konkret ausgestaltet werden sollen“, betonte er. Neben der medizinischen und pflegerischen Versorgung stellte er auch künftige Siedlungsstrukturen zur Diskussion, wies darauf hin, dass für das lange Wohnen in den eigenen vier Wänden die Digitalisierung bei der Wohngestaltung hilfreich sein könne, und verdeutlichte, dass Eigenverantwortung und Selbstbestimmung entscheidende Grundlagen für eine intakte Zivilgesellschaft seien.

 

Vor dem Zwischenbericht zum bundesweiten Modellprojekt „Demografiewerkstatt Kommunen“, an dem der Landkreis Emsland zusammen mit der Gemeinde Vrees als einzige niedersächsische Kommune teilnimmt und das bis Ende 2020 Konzepte und Strategien zum Umgang mit dem demografischen Wandel erarbeiten hilft, wurden einige emsländische Projektbeispiele vorgestellt, die bereits aktiv mit dem demografischen Wandel umgehen. In ehrenamtlichem Engagement führt beispielsweise das Projekt „Honig im Kopf“ die Schüler der Grundschule Marienschule in Meppen mit Menschen in Betreuungs- und Seniorenheimen zusammen. Am Beispiel Leschede wurde deutlich gemacht, wie die „Dorfgespräche“ zur Weiterentwicklung der Ortschaft geführt haben.

 

Zeitgleich zum Forum sendete der Deutschlandfunk live vom LWH eine Diskussionsrunde, in der unter Mitwirkung zahlreicher Gesprächspartner am Beispiel des Landkreises Emsland dargestellt wurde, wie sich ländlich geprägte Landstriche erfolgreich der Landflucht widersetzen können.

 

Das „Schlusswort“ hatte das „Graphic Recording“ von Andreas Gaertner. Veranstaltungsverlauf und Diskussionsergebnisse „veranschaulichte“ er im wahrsten Wortsinn durch eine zeichnerische Dokumentation des Vormittags.

 

Bild 1: Landrat Reinhard Winter eröffnet das Zukunftsforum Demografie vor rund 180 Teilnehmern.

 

Bild 2: Auf dem Podium stellten Vertreter einzelner Initiativen ihre Projekte vor, die unterschiedliche Ansätze für den Umgang mit dem demografischen Wandel verfolgen.

 

Bild 3: Das "Graphic Recording" setzte den Verlauf der Veranstaltung in eine eigene Formensprache um.

 

Bild 4: Das Deutschlandradio sendete live vom Zukunftsforum. Dezernent Michael Steffens nahm für den Landkreis Emsland an der Diskussionsrunde teil, die am Beispiel des Landkreises zeigte, wie ländliche Regionen Landflucht erfolgreich verhindern können. (Fotos: Landkreis Emsland)