Gesundheitskonferenz 2015

„Gesundheitsversorgung im Landkreis Emsland – zukunftsgerecht gestalten“

Eine gelungene Veranstaltung, die der notwendigen Vernetzung dient – das war ein Fazit am Ende der ersten öffentlichen Konferenz der „Gesundheitsregion Emsland“. Über 100 Teilnehmer waren der Einladung in das kleine Forum der Berufsbildenden Schule in Meppen gefolgt. Unterschiedliche Partner aus dem Gesundheitswesen und der Politik kamen dort zusammen, um darüber zu sprechen wie die Gesundheitsversorgung im Landkreis Emsland zukunftsgerecht gestaltet werden kann.

 

In seiner Begrüßung stellte Landrat Reinhard Winter die derzeitige ärztliche Versorgungssituation dar. Das seit dem vergangenen Jahr angelaufene Förderprogramm des Landkreises für Nachwuchs- und Allgemeinmediziner werde gut angenommen. Mit diesen und anderen Maßnahmen der Meilenstein Weiterbildungsgesellschaft und des Landkreises Emsland übernehme der Landkreis auch als Kommune Verantwortung für eine gute Gesundheitsversorgung.

 

Daraufhin stellte Lisa Ulrich-Müssig vom Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt einige Analysen des Sachverständigenrats zur Entwicklung im Gesundheitswesen vor. Sie machte deutlich, dass lediglich knapp 10 % aller Fachärzte zum Allgemeinmediziner ausgebildet werden und dass es ein ganzes Bündel an Maßnahmen brauche, um einer Unterversorgung an Hausärzten vorzubeugen. Sie nannte dabei einige Empfehlungen des Rates wie beispielsweise zukünftig deutlich stärkere Anreize für eine Tätigkeit in ländlichen Regionen zu setzen und andererseits entschlossene Maßnahmen zum Abbau von Überkapazitäten in Ballungsgebieten zu ergreifen. Ulrich-Müssig machte auch deutlich, dass die gesundheitliche Versorgung ein „unverzichtbarer Infrastruktur-Bestandteil“ sei.

 

Den Vortrag von Lisa Ulrich-Müssig finden Sie hier.

 

Im Anschluss nannte Dr. Antje Erler, ebenfalls vom Institut für Allgemeinmedizin der Goethe-Universität Frankfurt, einige Praxisbeispiele wie gesundheitliche Versorgung im ländlichen Raum funktionieren kann: darunter neben einem Zweigpraxenmodell in Wolfenbüttel, bei dem Ärzte verschiedener Fachrichtungen nach einem festgelegten Stundenplan im Einsatz sind, auch die im Emsland angebotene Ausbildung der Nichtärztlichen Praxisassistenten, die insbesondere durch die intensive Schulung von Medizinischen Fachassistenten zu einer Entlastung des Hausarztes führe.

 

Den Vortrag von Dr. Antje Erler finden Sie hier.

 

Wilhelm Wolken sprach als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Krankenhäuser des Bezirks Osnabrück/Emsland und Grafschaft Bentheim zum Thema „Ausblick – stationäre Versorgung“. Er führte aus, dass es trotz einer Reduzierung der Krankenhäuser und Krankenhausbetten zu einer deutlichen Kapazitätsausweitung und Produktivitätssteigerung bei der Behandlung von Patienten in der Vergangenheit gekommen sei. Wolken betonte zudem, dass der demografische Wandel und neue Anforderungen an die Patientenversorgung die stationäre Versorgung vor große Herausforderungen stelle. Verschärft werde die Situation durch den Fachkräftemangel im Gesundheitswesen, der nur durch zusätzliche Studienplatzangebote und attraktivitätssteigernde Maßnahmen bei den Pflegeberufen gelöst werden könne. Zugleich sah er weitere Krankenhäuser in ihrer Existenz bedroht, wenn nicht die aktuelle Gesetzgebung angepasst werde.

 

Den Vortrag von Wilhelm Wolken finden Sie hier.

 

Den Modellstudiengang Medizin der European Medical School (EMS) in Oldenburg stellte Dr. Kirsten Gehlhar von der Carl von Ossietzky Universität, Oldenburg, vor. Sie begrüßte es, wenn sich weitere Arztpraxen - auch im Emsland - entschließen könnten, Studierende in Hospitationen zu betreuen. Die Hospitationen seien die beste Werbung für die Niederlassung, sagte sie. Sie forderte auch, Studierende beispielsweise bei Fahrt- und Unterkunftskosten, die während der Hospitation anfielen, zu unterstützen. Hier signalisierte der Landrat in seinem Schlusswort, dass man darüber reden könne.

 

Den Vortrag von Dr. Kirsten Gehlhar finden Sie hier.

 

Der Vortrag von Dr. Sebastian Bork vom Ärztezentrum Holthausen-Biene führte in die moderne Hausarztpraxis ein. Auch er nannte den demografischen Wandel als besondere Herausforderung – aber nicht nur Patienten, auch Hausärzte würden immer älter. Ebenfalls sei die Feminisierung der Ärzteschaft – etwa 70 % der Studienanfänger und 60 % der Absolventen sind weiblich – ein Kennzeichen der heutigen Zeit. Er stellte fest, dass der Trend weg von der Niederlassung gehe. Als mögliche Gründe legte er u. a. den Wunsch nach Work-Life-Balance, einer flexiblen Arbeitszeitgestaltung, Angst vor finanziellen Risiken sowie schwierige Nachwuchsakquise dar. Durch Ärztezentren wie das in Holthausen-Biene könnten genau hier Synergieeffekte erreicht werden. Bork kam zu dem Schluss, dass die klassische Hausarztpraxis im ländlichen Raum ein Auslaufmodell sei, das langfristig von Ärztegemeinschaften abgelöst werde.

 

Den Vortrag von Dr. Sebastian Bork finden Sie hier.

 

In der anschließenden Podiumsdiskussion stellte Samtgemeindebürgermeister Ludger Kewe (Samtgemeinde Werlte) heraus, dass Veranstaltungen wie die Gesundheitskonferenz notwendig seien, um miteinander in Kontakt zu treten und das Netzwerk auszubauen. Die Fachtagung habe neue Impulse für eine weitere Verbesserung der Gesundheitsversorgung geliefert. Als einen weiteren bedeutenden Punkt hoben Ansgar Veer, Hauptgeschäftsführer des St.-Bonifatius-Hospitals in Lingen, und Wilhelm Wolken hervor, dass eine sektorenübergreifende Versorgung notwendig sei. An einigen Stellen sei diese bereits gelungen, an anderen Stellen müsse man noch an der Umsetzung arbeiten.

 

Bilanz: Es wurden einige Megatrends in der Gesundheitsversorgung deutlich wie der demografische Wandel, das Management von chronisch Erkrankten und die Behandlung von älteren Patienten mit mehrfachen Erkrankungen, die fachbereichsübergreifend behandelt werden müssen. Diesen Megatrends stehen die veränderten Erwartungen des medizinischen Nachwuchses (Vereinbarkeit von Familie und Beruf) sowie u. a. die Fehlverteilung der Ärzte mit deutlichem Stadt-Land-Gefälle entgegen.