Windkraft im Emsland
Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) hat der Bund den Ländern verbindliche Ziele zur Flächenbereitstellung für die Windenergienutzung an Land auferlegt, die in Niedersachsen diese wiederum vom Land auf die Landkreise und kreisfreien Städte heruntergebrochen worden sind. Damit ist auch der Landkreis Emsland in erheblichem Maße gefordert, weitere Vorrangflächen für die Windenergienutzung auszuweisen.
Diese Seite widmet sich dem gesamten Themenkomplex: Wir erläutern Voraussetzungen, benennen Kriterien der Flächenauswahl und stellen außerdem eine entsprechende Kartenansicht des aktuellen Planungsstandes bereit. Zu guter Letzt finden Sie eine ganze Reihe an Fragen und Antworten zum Thema.
Landrat Marc-André Burgdorf erläutert hier die grundsätzlichen Hintergründe des Vorgehens:
Jan-Christoph Sicard von der Planungsgruppe Umwelt, Hannover, stellt den aktuellen Entwurf der regionalen Gebietskulisse in Grundzügen vor, einschließlich des methodischen Vorgehens und der herangezogenen Kriterien zur Festlegung der Flächenvorschläge:
Entwurf der regionalen Gebietskulisse
Hier finden Interessierte den derzeitigen Planungsstand der detaillierten Gebietskulisse (innerhalb des unten eingebundenen Viewers sowie alternativ hier als PDF-Datei). Erläuterungen zum Verfahren der Flächenauswahl erfolgen im oben eingeblendeten Video von Herrn Sicard sowie in der Rubrik "Fragen & Antworten" am Ende dieser Seite.
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Öffentliche Beteiligung
Einwendungen und Anregungen konnten im Zuge des formellen Beteiligungsverfahrens vom 01.07. bis 18.08.2024 über eine Beteiligungsplattform eingebracht werden. Alternativ konnten schriftliche Stellungnahmen im Beteiligungszeitraum auch postalisch eingereicht werden.
Mit Ablauf der o. g. Frist zur Stellungnahme sind gem. § 9 Abs. 2 Satz 4 Nr. 3 ROG alle Stellungnahmen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen.
Zur Einsicht finden Sie im Folgenden die Planungsdokumente zur abgeschlossenen öffentlichen Beteiligung (pdf-Dateien):
Die nächsten Schritte
Die Einwendungen, die innerhalb des offiziellen Beteiligungsverfahrens an den Landkreis gerichtet wurden, werden nach Fristende geprüft und bewertet. Wenn diese Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass Einwendungen berechtigt sind, finden diese Eingang in die überarbeiteten weiteren Planungen.
Vor diesem Hintergrund wird die Fertigstellung des sachlichen Teilprogramms Windenergie und damit die Festlegung der neuen Vorranggebiete für die Windenergienutzung für Anfang 2025 angestrebt.
Fragen & Antworten
Stellenwert und Perspektive der Windenergie
Welche Bedeutung hat die Windenergie in Deutschland?
Mit Stromentstehungskosten in Höhe von ca. 4 bis 8 Cent je Kilowattstunde sind Windenergieanlagen an Land eine der kostengünstigsten Technologien zur Stromerzeugung. Im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energieträgern wie dem Anbau von Bioenergiepflanzen muss für die Nutzung der Windenergie nur verhältnismäßig wenig Fläche in Anspruch genommen werden. Außerdem steht Windkraft bei entsprechenden Windverhältnissen sowohl tagsüber als auch nachts zur Verfügung.
Die Stromerzeugung aus Windenergieanlagen spielt daher im deutschen Strommix längst eine bedeutende Rolle. Mit einem Anteil von 31,0 % war die Windkraft 2023 der wichtigste Energieträger für die Stromerzeugung in Deutschland. Die Zahl der Anlagen ist entsprechend hoch: In Deutschland existierten laut Bundesverband WindEnergie zum Ende des Jahres 2023 insgesamt 28.667 Onshore-Windenergieanlagen.
Für Energiewende und Klimaschutz ist dennoch ein weiterer Ausbau der Windenergie an Land unabdingbar. Nach dem aktuellen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sollen bis Ende 2030 in Deutschland 115 Gigawatt (GW) Windenergie an Land installiert sein (Ende 2022 waren es 58 Gigawatt).
Wie werden Stromausfälle verhindert, wenn kein Wind weht?
Da Windenergieanlagen auch im Dunkeln Strom liefern, haben sie eine große Bedeutung für die stabile Energieversorgung. Wenn jedoch kein Wind weht, können natürlich auch Windräder keinen Beitrag zur Stromerzeugung liefern. Das stellt eine Herausforderung dar, für die es jedoch umweltverträgliche Lösungen wie zum Beispiel den Ausbau von Energiespeichern, ein besseres Lastmanagement zur Steuerung des Stromverbrauchs, den Einsatz von grundlastfähigen Kraftwerken oder den verstärkten Stromaustausch über europäische Grenzen hinweg gibt.
Kann das heutige bzw. zukünftige Stromnetz die erzeugte Windenergie überhaupt aufnehmen?
Das deutsche Stromnetz gilt als eines der zuverlässigsten der Welt. So sind Stromausfälle in Deutschland trotz der voranschreitenden Energiewende und bspw. dem erfolgten Ausstieg aus der Atomenergie sehr selten. Dennoch stellt der Ausbau der erneuerbaren Energien, die abhängig von der Wetterlage stark schwankende Einspeisemengen liefern, große Herausforderungen für die Netzstabilität dar. Daher muss parallel zum Ausbau der erneuerbaren Energien auch massiv ins Stromnetz investiert werden. Mit großen Ausbauprojekten ins Stromübertragungsnetz, die zum Teil schon in der Bauphase sind und auch das Emsland betreffen, wird sichergestellt, dass der erzeugte Windstrom auch zu den Verbrauchern gelangt.
Warum werden plötzlich so viele Flächen für Windkraft ausgewiesen?
Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) hat der Bund den Ländern verbindliche Ziele zur Flächenbereitstellung für die Windenergienutzung an Land auferlegt. Für Niedersachsen sind daher 2,2 % der Landesfläche bis zum Jahr 2032 verbindlich für Windkraft auszuweisen. Dieses Flächenziel bricht das Land auf die Landkreise als Träger der Regionalplanung herunter. Da jedoch die Flächenpotentiale für die Windenergienutzung aufgrund rechtlicher und technischer Einschränkungen in jedem Landkreis anders ausfallen, hat das Land Niedersachsen im Jahr 2023 eine Windflächenpotentialstudie erstellen lassen. Als Ergebnis dieser Analyse muss der Landkreis Emsland 3,07 % seiner Fläche für Windenergieanlagen zur Verfügung stellen.
Sind andere Bundesländer in gleichem Maße gefordert die Windkraft auszubauen?
Mit dem Windenergieflächenbedarfsgesetz hat der Bund im Jahr 2022 verbindlich festgeschrieben, dass zwei Prozent der Bundesfläche für die Windenergie an Land vorzusehen sind. Da die Voraussetzungen für den Ausbau der Windenergie von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, wurden für die einzelnen Bundesländer individuelle Flächenbeitragswerte festgelegt, die von den Bundesländern gesetzlich einzuhalten sind. Konkret legt das Gesetz fest, dass bis zum 31.12.2032 in den drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg jeweils 0,5 % der Landesfläche für Windenergie zur Verfügung stehen müssen, während es in den anderen 13 Bundesländern jeweils zwischen 1,8 und 2,2 % sind. Insofern ist jedes Bundesland verpflichtet, massiv die Windenergie auszubauen.
Technische Aspekte der Windkraft
Wie viel Energie erzeugt eine Windenergieanlage pro Jahr?
Die durchschnittliche Nennleistung der Windenergieanlagen, die in den letzten Jahren in Deutschland installiert wurden, liegt zwischen 3 MW und 3,5 MW. Größere Anlagen erreichen bereits Nennleistungen von 6 MW. In den letzten zehn Jahren hat sich die Nennleistung damit etwa verdoppelt.
Wenn eine Windenergieanlage eine Nennleistung von 6 MW hat, kann sie theoretisch eine Jahresproduktion von rund zehn Gigawattstunden Strom erzielen. Damit könnte die Energieversorgung von bis zu 3.500 Haushalten das ganze Jahr über gesichert werden.
Wie viel Fläche benötigt ein Windrad?
Das Land Niedersachsen gibt in seinen aktuellen Planungen als Referenzanlage eine Fundamentgröße mit einem Radius von 14 Metern vor. Als Rotordurchmesser sind 165 Meter angesetzt. Für unsere Planungen gehen wir von einer Gesamthöhe der Anlagen von 240 m aus.
Wie groß sind Windenergieanlagen heutzutage?
Der Bundesverband WindEnergie bestätigt, dass sich in den letzten Jahrzehnten die technische Entwicklung und damit auch das Größenwachstum der Windenergieanlagen rasant gestaltet haben. So hatte eine im Jahr 2022 in Deutschland errichte Anlage im Durchschnitt bereits eine Gesamthöhe von 206 m und einen Rotordurchmesser von 137 m. Um das Größenwachstum der Anlagen zu berücksichtigen, geht der Landkreis Emsland in den aktuellen Planungen von einer Gesamthöhe der Anlagen von 240m und einem Rotordurchmesser von 165 Metern aus.
Auch für die Herstellung und Errichtung sowie den Betrieb von Windenergieanlagen wird Energie benötigt: Wie fällt die Ökobilanz der Anlagen über ihre Lebensdauer aus?
Der Bau von Windenergieanlagen verbraucht viel Energie, vor für allem die Herstellung der Stahltürme und der Betonfundamente. Laut Umweltbundesamt (UBA) erzeugen Windenergieanlagen aber selbst im ungünstigsten Fall bereits nach spätestens 11 Monaten Betrieb die Energiemenge, die zu ihrer Herstellung erforderlich war. Im Schnitt laufen Windenergieanlagen etwa 25 Jahre, sodass in der Zeit ein Vielfaches der Menge an Energie erzeugt wird, als für Herstellung, Nutzung und Entsorgung der Anlage nötig sind.
Was passiert mit ausgedienten Windenergieanlagen und wer ist für den Rückbau verantwortlich?
Windenergieanlagen müssen nach ihrer Außerbetriebnahme (also bei einer dauerhaften Nutzungsaufgabe) abgebaut, d.h. Stück für Stück demontiert und abtransportiert werden. Bei Erteilung einer Baugenehmigung verpflichten sich die Projektverantwortlichen daher, die Anlage nach der Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen. Um sicherzustellen, dass diese Rückbauverpflichtung auch eingehalten wird, kann die Baugenehmigungsbehörde eine Sicherheitsleistung verlangen, die den Rückbau der Windenergieanlage vollständig abdeckt.
Können Windenergieanlagen recycelt werden?
Das Gewicht einer Windenergieanlage setzt sich zu fast zwei Dritteln aus Beton (vor allem für das Fundament) und einem Drittel Stahl (für den Turm) zusammen. Nur rund fünf Prozent machen Metalle und Verbundwerkstoffe aus. Somit sind ca. 90 Prozent der verwendeten Materialien verwertbar.
Welche Störfälle und Gefahren gehen von Windenergieanlagen aus? Wie sicher sind Windenergieanlagen bei Sturm, Feuer oder Blitzeinschlag?
Windenergieanlagen werden in Deutschland auf Basis der Richtlinie des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) typengeprüft und genehmigt. Während des Betriebs sind ebenfalls regelmäßige Kontrollen gesetzlich vorgeschrieben. Aufgrund dieser hohen Standards bei der Anlagenherstellung und der kontinuierlichen Wartung und Prüfung sind Schadensereignisse bei Windenergieanlagen selten. So sind laut Bundesverband Windenergie zwischen 2005 und 2023 nur 129 Schadensereignisse registriert worden. Dennoch können Schäden und Unfälle natürlich nicht gänzlich ausgeschlossen werden, sei es durch Brand (z.B. verursacht durch Blitzeinschlag oder technische Störungen) oder Materialermüdung.
Planungen in Niedersachsen und dem Emsland
Warum planen die Landkreise/Gemeinden Flächen für Windenergie?
Das Umweltministerium des Landes Niedersachsen hat eine Flächenpotenzialanalyse erstellt und den Landkreisen mitgeteilt, in welchem Umfang sie Flächen für Windenergie ausweisen müssen. Demnach muss der Landkreis Emsland 3,07 % seiner Kreisfläche für Windenergieanlagen zur Verfügung stellen. Dem Landkreis als Träger der Regionalplanung bleibt es vorbehalten, neben gesetzlich festgeschriebenen Ausschlussflächen (wie z.B. Siedlungsflächen und Naturschutzgebieten) und festgeschriebenen Mindestabständen strengere Abstandskriterien und Ausschlussbereiche zu definieren, um eine möglichst verträgliche und ausgewogene Steuerung des Windkraftausbaus zu erzielen.
Wer entscheidet, welche Flächen für Windenergieanlagen ausgewiesen werden?
Mit einer ersten groben Planung hat das Land 2023 lediglich überschlägig Flächenpotentiale aufgezeigt, die in den niedersächsischen Landkreisen für Windenergieanlagen in Frage kommen könnten. Die finale Bewertung und Entscheidung darüber, welche Flächen am besten für Windkraft geeignet sind und tatsächlich als Vorranggebiete ausgewiesen werden, obliegt dem Landkreis Emsland als Träger der Regionalplanung.
Nach welchen Kriterien hat der Landkreis die Festlegungsvorschläge für Windenergie ermittelt?
Der Landkreis Emsland hat mögliche Konflikte der Windenergienutzung mit bestehenden Nutzungs- oder Schutzbelangen bewertet und so nach objektiven Kriterien die am besten für Windkraft geeigneten Flächen festgelegt. Berücksichtigt wurde ein ganzer Katalog an Faktoren, der von der Wohnnutzung und Infrastruktur über Naturschutzbelange und Flugkorridore bis hin zu Wasserflächen und Naturdenkmälern reicht.
Außerdem wird die Maßgabe befolgt, die Auswirkungen von Windenergieanlagen auf ihre Umgebung durch die räumliche Konzentration in Windparks zu beschränken. Ein wichtiges Kriterium besteht zudem darin, die gemeindlichen Entwicklungsmöglichkeiten, etwa im Bereich Wohnen oder Gewerbe, in Abstimmung mit den Kommunen bestmöglich zu erhalten. Überdies wurde festgelegt, dass einzelne Gemeinden nicht vollständig von Windenergieanlagen oder -parks umschlossen sein dürfen.
Unabhängig davon werden auch nach Errichtung von Windenergieanlagen in den ausgewiesenen Vorranggebieten die betroffenen Flächen für weitere mit Windenergie verträgliche Nutzungen zur Verfügung stehen, z. B. für die Landwirtschaft.
Welche Mindestabstände (etwa zu Siedlungen) gelten für Windenergieanlagen?
Das Land Niedersachsen hat die Schutzabstände zu Gebäuden mit Wohnnutzung analog zur Bundesstudie mit 800 Metern zu Siedlungsflächen mit Wohnnutzung im Innenbereich sowie mit 400 Metern zu Wohngebäuden im Außenbereich angesetzt. Das ist dem Landkreis Emsland aber zu wenig – in den vorliegenden Planungen ist deshalb zum Schutz der Menschen ein Mindestabstand zur Wohnbebauung in Ortsteilen von 1000 Metern realisiert, bei Wohnhäusern im Außenbereich gilt ein Mindestabstand von 700 Metern.
Was bedeuten in diesem Kontext die Begriffe „Rotor-In“ bzw. „Rotor-Out“?
In der Praxis gibt es zwei unterschiedliche Planungsansätze zur Flächenausweisung von Windenergieanlagen. Dabei wird grundsätzlich unterschieden, ob nur die Türme der Windenergieanlagen innerhalb der ausgewiesenen Flächen platziert werden müssen und der Rotor über die Grenze der Fläche hinausragen darf („Rotor-Out“) oder ob sowohl die Türme als auch die Rotoren vollständig innerhalb der ausgewiesenen Fläche untergebracht werden müssen („Rotor-In“). Die Planungen im Emsland basieren auf einer Rotor-In-Planung, sodass sichergestellt wird, dass auch die Rotorspitzen die gesetzten Abstandkriterien einhalten.
Da sich jedoch sowohl die Flächenvorgaben des Bundes als auch des Landes Niedersachsen auf den „Rotor-Out-Ansatz“ beziehen, bedeutet dies, dass der Landkreis Emsland mit seiner Rotor-In Planung bilanziell mehr Fläche ausweisen muss, um das Flächenziel von 3,07% (Rotor-Out) zu erreichen. Insgesamt wird im Emsland eine Fläche von gut 12.000ha (Rotor-In) für Windenergie zur Verfügung gestellt werden müssen.
Können nur auf den ausgewiesenen Flächen Windräder gebaut werden? Und werden nun auf allen ausgewiesenen Flächen Windräder gebaut?
Im Zuge dieser Planung dürfen nur in den ausgewiesenen Vorranggebieten Windenergieanlagen gebaut werden. Das heißt zwar nicht, dass in diesen Bereichen eine Pflicht zum Bauen von Windenergieanlagen besteht. Da der Ausbau der Erneuerbaren Energien aber nicht nur politisch gewollt ist, sondern für Investoren und Flächeneigentümer überdies ein Geschäftsfeld darstellt, kann davon ausgegangen werden, dass in den meisten Vorranggebieten früher oder später auch tatsächlich Windräder entstehen.
Darf eine Windenergieanlage innerhalb der Eignungsflächen jetzt einfach so gebaut werden?
Nein, es hat ein ordentliches Genehmigungsverfahren durch die örtliche Baubehörde zu erfolgen. Im Emsland ist der Landkreis die zuständige Behörde. Die Städte Papenburg und Meppen verfügen über eigene Bauämter und können bei Anlagenhöhen bis zu 50 m Baugenehmigungen selbst erteilen. Die Stadt Lingen hingegen ist auch zuständig bei allen Anlagenhöhen, also auch bei Anlagen höher als 50 m.
Was geschieht, wenn keine Planung gemacht würde?
Bei Nicht-Erreichen der Planungsziele, also der Ausweisung von Vorrangflächen in der vom Land Niedersachsen vorgeschriebenen Größenordnung, greift die so genannte „Superprivilegierung“ für neue Windenergieanlagen – dies käme einem Wildwuchs gleich, da in diesem Fall weder der Landkreis noch die kreisangehörigen Kommunen planerisch den weiteren Zubau von Windenergie steuern bzw. begrenzen könnten. Insofern dient die frühzeitige Planung des Landkreises auch dem Schutz der Bevölkerung und der Sicherstellung anderer Planungsabsichten.
Mensch und Umwelt
Gehen Gesundheitsgefährdungen von den Anlagen aus?
Eine Windenergieanlage verursacht keine schädlichen Emissionen wie Smog oder Treibhausgase.
Wie laut ist eine Windenergieanlage denn? Und wird die Geräuschbelastung von Windenergieanlagen berücksichtigt?
Geräusche während des Betriebs von Windenergieanlagen werden in erster Linie durch die Rotorblätter erzeugt, etwa durch die Umströmung ihrer Spitzen sowie das Vorbeistreichen der Rotorblätter am Turm. Bei Volllast erzeugt eine Windenergieanlage an der Nabe bis zu 105 Dezibel (dB), was etwa der Lautstärke eines Baggers entspricht. Mit zunehmender Entfernung von der Quelle nimmt allerdings der Schall ab und ist ab einer gewissen Entfernung vom menschlichen Gehör nicht mehr wahrnehmbar.
Um negative Umwelteinflüsse durch Lärmbelastung zu vermeiden, müssen angemessene Abstände eingehalten werden. Zentrale Vorgaben macht die „Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm“ (TA Lärm), die Immissionsrichtwerte für die relevanten Orte definiert. Die Einhaltung dieser Richtwerte ist Teil im Genehmigungsverfahren für die Errichtung der Windenergieanlagen.
Bei Windkraft ist auch immer wieder von „Infraschall“ die Rede – was hat es damit auf sich?
Infraschall umfasst Schallwellen im niederfrequenten Bereich von 1 bis 20 Hertz, die das menschliche Gehör in der Regel nicht hören bzw. wahrnehmen kann. Infraschall ist ein alltägliches Phänomen und tritt praktisch bei jedem Schallereignis auf: Autos, Flugzeuge oder Kühlschränke emittieren Infraschall genauso wie Blätterrauschen, Windböen oder die Meeresbrandung. Das Umweltbundesamt verweist auf Untersuchungen an Windenergieanlagen, die unterstreichen, dass entsprechende Pegel in der Regel deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen liegen und von ihnen auch keine Gefahr ausgeht. Bisherige nationale und internationale Forschungsergebnisse zeigen keinen Beleg dafür, dass Infraschall von Windenergieanlagen negative Auswirkungen auf die Gesundheit hat.
Welche Richtwerte gibt es für Schattenwurf und Diskoeffekt?
Abhängig von verschiedenen Faktoren wie Wetterbedingungen, Windrichtung und Sonnenstand kann eine Windenergieanlage durch ihre rotierenden Flügel einen bewegten Schatten erzeugen, der für Anwohner unangenehm sein kann, insbesondere, wenn er wiederholt auf Fenster von Wohngebäuden trifft.
Um Anwohner vor möglichen Belästigungen zu schützen, ist dieser Aspekt gesetzlich geregelt. Gemäß dem Windenergieerlass darf die Schattenwurfdauer 30 Minuten pro Tag nicht überschreiten. Der Immissionsrichtwert für die astronomisch maximal mögliche jährliche Beschattungsdauer beträgt 30 Stunden, dies entspricht einer tatsächlichen Beschattungsdauer von etwa 8 Stunden pro Jahr.
In Ausnahmefällen muss im Genehmigungsverfahren durch Gutachten nachgewiesen werden, dass keine unzulässigen Schattenbelästigungen auftreten. Bei Überschreitungen muss die Windenergieanlage mit einer Ausschaltautomatik ausgestattet sein.
Im Gegensatz zum Schattenwurf spielt der „Diskoeffekt“ – Lichtreflexe an den Rotorblättern – heute keine Rolle mehr, da die Rotorflächen bereits seit langem mit matten, wenig reflektierenden Farben gestrichen werden.
Wie wird der Natur- und Artenschutz bei der Ausweisung von Vorrangflächen bzw. der Genehmigung von Windkraftanlagen berücksichtigt?
Naturschutzrechtliche Grundlagen geben sehr genau vor, wie in diesem Kontext vorzugehen ist, ob bereits bei der Ausweisung der Vorrangflächen oder im Zuge einer späteren Genehmigung von Anlagen. Dabei ist in erster Linie eine mehrstufige Artenschutzprüfung erforderlich. Beispielsweise gibt es für Brut- und Rastvogelarten sowie Fledermausarten in Niedersachsen, die empfindlich gegenüber Windenergieanlagen sind, je nach Art sehr konkrete Prüfradien bei der Planung und Genehmigung der Anlagen. Windenergieanlagen dürfen zudem in besonders geschützten Gebieten, wie den Naturschutzgebieten oder den sogenannten europäischen FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten, nicht errichtet werden.
Sind Windenergieanlagen nicht grundsätzlich gefährlich für die Vogelpopulation in Deutschland?
Es passiert, dass Vögel mit Windenergieanlagen kollidieren und verenden. Die Anzahl der so getöteten Vögel in Deutschland liegt Schätzungen zufolge zwischen 10.000 und 100.000 Vögeln pro Jahr. Angesichts der rund 29.000 Windenergieanlagen bundesweit entspräche dies einer Quote von etwa ein bis vier Vögeln pro Windenergieanlage und Jahr.
Im Vergleich dazu haben andere menschengemachte Faktoren für Vögel weitaus schwerwiegendere Auswirkungen: Allein durch Glasflächen an Gebäuden sterben in Deutschland jährlich zwischen 100 und 115 Millionen Vögel. Dem Straßen- und Bahnverkehr erliegen etwa 70 Millionen Vögel pro Jahr und Hauskatzen bejagen und töten jährlich 20 bis 100 Millionen Vögel.
Warum werden Windenergieanlagen jetzt auch im Wald errichtet?
Das Land Niedersachsen fordert mit seinen Vorgaben für das Emsland eine Verdreifachung der bisherigen für Windkraft bestehenden Flächen. Es wäre nur möglich, sämtliche Waldgebiete im Kreisgebiet bei den Planungen unangetastet zu lassen, wenn an anderer Stelle erhebliche Belastungen verursacht würden. Insbesondere hätten die Abstände zur Wohnbebauung extrem reduziert werden müssen. Es handelt sich hier also um eine Abwägung verschiedener Schutzinteressen. Ausgenommen bleiben aber Waldflächen in Naturschutzgebieten sowie im Landesraumordnungsprogramm definierte historische Waldstandorte.
Wie erfolgt die Kompensation der Eingriffe in die Natur durch den Bau einer Windenergieanlage?
Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Verbindung mit dem Niedersächsischen Naturschutzgesetz (NNatSchG) verpflichtet die Bauherren/Betreiber „vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen oder zu ersetzen“.
Ausgeglichen werden müssen die Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes z. B. durch die Versiegelung von Flächen durch die Erschließung und den Maststandort. Hierfür können dann z. B. Heckenpflanzungen erfolgen. Für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes ist ein Ersatzgeld zu zahlen, mit dem Naturschutzmaßnahmen (idealerweise im direkten Umfeld oder an anderer Stelle in der Region) zur Aufwertung der Natur finanziert werden.
Wird bei der Errichtung der Anlagen auch Wald dauerhaft beseitigt, muss dieser nach Niedersächsischem Landeswaldgesetz (NWaldLG) an anderer Stelle durch eine Waldneubegründung ersetzt werden. Hinzu kommt der Artenschutz gemäß Bundesnaturschutzgesetz. Laufen Vogelarten oder Fledermäuse erhöhte Gefahr in die Rotoren zu gelangen, müssen auch für diese Arten Ersatzlebensräume geschaffen werden oder durch Abschaltzeiten die Gefahr für diese Arten reduziert werden.
Anwohner/Eigentümer
In meiner Nachbarschaft entsteht ein Windpark. Was haben wir vor Ort davon?
Bürgerinnen und Bürger können direkt von der Energiewende profitieren, indem sie sich an Bürgerenergieprojekten beteiligen. Denkbar sind Bürgerenergiegenossenschaften, kommunale Beteiligungen oder Energiesparbriefe für die Bürgerinnen und Bürger in der Nähe der Anlage. Dies ist aber nicht Sache der planenden Behörden, sondern bezieht sich auf individuelle Modelle, die mit den Betreibern/Investoren realisiert werden können.
Kommunen können zudem eine laufende Zahlung nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) für Windenergieanlagen mit einer Leistung von mehr als 1 MW in Höhe von 0,2 Cent je eingespeister sowie je „fiktiver“ Stromerzeugung nach EEG erhalten. Die Einnahmen sollen in soziale, ökologische oder kulturelle Projekte der jeweiligen Gemeinde fließen mit der Verpflichtung, die Verwendung jährlich zu veröffentlichen. Außerdem können Kommunen von den Erträgen aus der Windenergienutzung durch Gewerbesteuereinnahmen profitieren.
Ich besitze Land. Kann auch hier ein Windrad errichtet werden?
Wenn das Grundstück außerhalb der jetzt definierten Vorrangflächen liegt, sind Genehmigung und Bau einer Windenergieanlage an dieser Stelle derzeit nicht möglich. Eine spätere Ausweisung von weiteren Flächen für Windenergie ist über die kommunale Bauleitplanung der kreisangehörigen Kommunen jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen.
Warum ist meine Fläche nicht durch den Landkreis als Vorrangfläche ausgewiesen?
Anhand eines umfangreichen Kriterienkatalogs wurde der hier veröffentlichte Entwurf einer Gebietskulisse für Vorranggebiete Windenergienutzung erarbeitet. Wenn eine Fläche nicht enthalten ist, bedeutet dies, dass es besser geeignete Alternativen gibt.
Ich habe eine Anmerkung bzw. Rückfrage zu den veröffentlichten Planungen. Wo kann ich mich melden?
Die Beteiligung der Öffentlichkeit ist fester Bestandteil des Verfahrens. Bürgerinnen und Bürger, öffentliche Stellen und weitere Beteiligte wie Umwelt- und Naturschutzvereinigungen hatten vom 01.07.24 bis zum 18.08.2024 die Möglichkeit, im Rahmen des offiziellen Beteiligungsverfahrens Einwendungen und Stellungnahmen zu den Planungen an den Landkreis Emsland als Planungsbehörde zu richten.