Gesundheitskonferenz 2019

Neue Versorgungswege im Gesundheitswesen – Umsetzung im Landkreis Emsland

 

 

Bei strahlendem Frühlingswetter war die diesjährige Gesundheitskonferenz „Neue Versorgungswege im Gesundheitswesen – Umsetzung im Landkreis Emsland“ am 24. April in Lingen sehr gut besucht. Dabei standen neben der wohnortnahen Versorgung und dem medizinischen und pflegerischen Fachkräftemangel auch Digitalisierung und Telemedizin sowie die sektorenübergreifenden Behandlungswege im Blickpunkt. Im Auditorium waren alle Berufs- und Altersgruppen vertreten, von jungen Pflegeschülern bis hin zu erfahrenen Akteuren im Gesundheitswesen.


Landrat Reinhard Winter begrüßte neben den Kreistagsmitgliedern, den Referenten und den rund 200 angemeldeten Gästen vor allem die Niedersächsische Sozialministerin Dr. Carola Reimann, die während einer Rundreise im Westen Niedersachsens am Vormittag bereits das erste kommunale Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) in Werlte besucht hatte. Die Gestaltung der Gesundheitsversorgung werde immer mehr ein Thema der Kommunen, so Winter. Es zeige sich ein immer größer werdender Bedarf, Gesundheitsversorgung regional zu denken und umzusetzen. „Der Landkreis Emsland nutzt diese große Chance, um die Entwicklung aktiv voranzutreiben“, sagte der Landrat. „Er übernimmt dabei im Rahmen der Gesundheitsregion Emsland die Aufgabe als zentraler Moderator und Koordinator und generiert so Antworten auf Fragen wie beispielsweise „Welche Gesundheitsleistungen sind wohnortnah von Bedeutung?“ „Wie sieht ein bedarfsgerechtes Versorgungsniveau aus?“, „Wie gelingt die ärztliche Versorgung in der Fläche?“ und „Welche Möglichkeiten bieten Digitalisierung und Telemedizin?“. Das gesamte Grußwort von Herrn Landrat Winter finden Sie hier. 


Die niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Dr. Carola Reimann lobte die Akteure als „alte Hasen und Vorreiter in Sachen Gesundheitsregion“ für ihre Leistungen seit vielen Jahren. Man könne stolz darauf sein. Die Ministerin kam auch auf ihren Besuch im medizinischen Versorgungszentrum in Werlte am Morgen zu sprechen. Ein MVZ in kommunaler Trägerschaft sei etwas Besonderes und funktioniere nur mit großem Einsatz und Expertise aller Beteiligten vor Ort. „Das eine ist es, eine kommunal getragene Einrichtung zu ermöglichen, das andere, diese umzusetzen“, erklärte die Ministerin. Das Grußwort der niedersächsischen Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung Dr. Carola Reimann finden Sie hier.


Im Anschluss beschrieb Sozialdezernentin Dr. Sigrid Kraujuttis die Handlungsfelder, die der Landkreis Emsland im Rahmen der Gesundheitsregion als Koordinator und Partner bei der Vernetzung der Akteure im Gesundheitswesen aufgreift. Dazu zählen unter den Schlagwörtern „Verbesserung der ärztlich medizinischen Versorgung“ und „Älterwerden und Gesundheit“ beispielsweise die Gewinnung von Ärztenachwuchs über Förderprogramme, der Umgang mit der Ressource Arzt und Nichtärztlichen Praxisassistenten (NäPA) sowie die Versorgung des älteren Menschen. Im Emsland gebe es hervorragende Krankenhäuser, die ein ausgezeichnetes Leistungsspektrum mit einer Eigenversorgungsquote von rund 80 % bieten. Es gebe eine Reihe interdisziplinärer Zentren zur bestmöglichen Diagnose und Behandlung komplexer Erkrankungen. „Was treibt uns also an, dass wir die telemedizinische und digitale Unterstützung erproben?“, fragte Sozialdezernentin Dr. Sigrid Kraujuttis. Die Antwort auf diese Frage finden Sie hier im Vortrag „Gesundheitsregion Emsland: Zusammenführen – Erproben – Gestalten“ von Frau Dr. Sigrid Kraujuttis.


Dr. David Herr, wissenschaftlicher Referent im wissenschaftlichen Stab des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, beschrieb in seinem Vortrag die hohen Anforderungen an Patienten, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden. Es müssten Antworten auf die Frage gefunden werden, wie die Versorgung im stationären und ambulanten Bereich bei einer Gesamtbetrachtung des Gesundheitswesens sektorenübergreifend geplant und gesteuert werden kann. Denn die Mauern zwischen „ambulant“ und „stationär“ seien nach wie vor standhaft: „Da ist noch viel Potenzial für eine bessere Koordination und Wettbewerbsfairness bei der Angleichung der „Spielregeln“ des ambulanten und stationären Sektors“, sagte Herr. Weiterhin sei es wichtig, die Patienten zu Gesundheitskompetenz zu ermächtigen und den Hausarzt in seiner koordinierenden Lotsenfunktion zu stärken. Den gesamten Vortrag „Bedarfsgerechte Steuerung im Gesundheitswesen – Zukünftige Herausforderungen“ von Dr. David Herr finden Sie hier. 


Auch Marion Charlotte Renneberg, die Vizepräsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, äußerte ihre hohe Wertschätzung für das, was in der Gesundheitsregion Emsland geleistet würde. Sie stellte außerdem eine Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2018 vor, die den jeweiligen Digitalisierungsgrad von 17 Ländern untersucht hatte. Deutschland erscheint dabei an vorletzter Stelle digital Health Index. Die Handelsempfehlungen der Bertelsmann Stiftung sind einfach, klar und deutlich: Der digitale Wandel im Gesundheitswesen müsse aktiv gestaltet und die Entwicklungen Schritt für Schritt angegangen werden. Ferner müsse die Akzeptanz gefördert und Patienten sowie Ärzte eingebunden werden. „Das soll Mut machen, mehr Mut zu haben“, sagte die Vizepräsidentin. Die Möglichkeiten dazu seien bereits geschaffen worden. Der Deutsche Ärztetag habe im Jahr 2018 einen Beschluss zur Änderung der Fernbehandlung in Einzelfällen gefasst. Seit Herbst vergangenen Jahres sei dies auch in Niedersachsen in Kraft. „Auch wenn der Goldstandard nach wie vor die Arzt-Patienten-Beziehung bleibt, kann Telemedizin ergänzend eingesetzt werden, um Lücken zu schließen, den Arzt zu entlasten und Situationen kurzfristig einzuschätzen, beispielsweise auch in Pflegeheimen“, sagte Renneberg. Den gesamten Vortrag „Weichen stellen für die Zukunft - Telemedizin als Chance für sektorenübergreifende Versorgung“ finden Sie hier. 


Der folgende Referent, Dr. Olaf Müller, ist Geschäftsführer der Carus Consilium Sachsen GmbH, einer Tochter des Universitätsklinikums Dresden. Die Managementgesellschaft hat ein Telemedizin-Vorhaben initiiert und dazu Mitte 2015 die Infrastruktur CCS Telehealth Ostsachsen in Betrieb genommen.

 

Müller stellte einige Projekte vor, die diese Plattform nutzen. Dazu zählt neben TelePathologie auch die telemedizinische Schlaganfallnachsorge TeleStroke, bei der an 7 Tagen in der Woche für 24 Stunden die Kliniken in Dresden, Leipzig und Chemnitz zugeschaltet werden können. Auch TeleCoaching, ein poststationäres Patientenmonitoring nach Herzinsuffizienz, ist reine Telemedizin. Der Patient kommuniziert über ein Tablet mit einem Fallmanager und übermittelt ihm Daten zu Befindlichkeit, Flüssigkeitsaufnahme und -ausscheidung, Arzneimitteln und beispielsweise auch dem Daumenabdrucktest auf einem Gelenk. Vor der Fertigstellung stehen außerdem die Projekte TeleWunde, TeleParkinson sowie TeleDemenz. „Allerdings ist das zentrale Thema bei all diesen Projekten nicht der Datenschutz und auch nicht das Strukturproblem, sondern die Betriebsfinanzierung“, erklärte Müller. Den Vortrag von Dr. Olaf Müller „Telemedizin im ländlichen Raum Sachsens: Erfahrungsbericht aus der Gesundheitsregion“ finden Sie hier.


Unter der Überschrift „Auf der Höhe der Zeit – Versorgungsmodelle im Landkreis Emsland“ wurden anschließend neue Projekte der Gesundheitsregion Emsland vorgestellt. 

 

  • eMedCare Emsland –Osnabrück Digitale Brücke zwischen Hausarzt und Pflege in den Gesundheitsregionen Emsland sowie Landkreis und Stadt Osnabrück

Das Projekt „eMedCare Emsland-Osnabrück – digitale Brücke zwischen Hausarzt und Pflege in den Gesundheitsregionen Emsland und Landkreis und Stadt Osnabrück“ soll die Schnittstelle zwischen pflegerischer und ärztlicher Versorgung von älteren Menschen mit Pflegeeinstufung neu gestalten. Mit einer eigens entwickelten Technologie werden die Akteure Hausarzt und Pflege besser vernetzt. Auf dieser Plattform kommunizieren der versorgende Arzt und Pflegedienst über den Versorgungsverlauf eines Patienten, um so Anpassungen vorzunehmen, Verordnungen zu verlängern oder zu verändern. Diese verlässliche Sammlung von Informationen soll die Hausbesuche vorbereiten und Krisensituationen vermeiden. Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.

 

  • Telemedizinische psychiatrische Versorgung nach Entlassung – Neue Therapieoptionen in der regionalen psychiatrischen Versorgung im Landkreis Emsland

Zahlreiche Studien weisen auf die enorme Relevanz einer kontinuierlichen ambulanten Versorgung nach einer (teil-)stationären psychiatrischen Behandlung hin. Brüche in der Behandlung gefährden Therapieeffekte und die Qualität der psychiatrischen Versorgung. Hier setzt das Projekt „Telemedizinische psychiatrische Versorgung nach Entlassung – Neue Therapieoptionen in der psychiatrischen Versorgung im Landkreis Emsland“ an. Ziel ist die lückenlose Weiterbetreuung depressiv erkrankter Patienten durch Einsatz telemonitorischer Technologie. Die teilnehmenden Patienten erhalten nach der stationären Behandlung ein Gesundheits-Tablet, mit dem sie Kontakt zum Arzt halten können. Über das Tablet werden Daten wie Fragebögen zur Befindlichkeit, Medikamenteneinnahme oder tagesstrukturierenden Maßnahmen erfasst. Die Verbindung hilft den Patienten, im Alltag besser mit der Krankheit umzugehen. Langfristig sind sie eher vor Rückfällen geschützt. Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.

 

  • Hebammenzentrale Emsland

Für Schwangere wird die Suche nach einer Hebamme immer schwieriger. Um ihnen die Suche zu erleichtern und eine bessere Übersicht über Angebote und Kapazitäten zu schaffen, richtet die Gesundheitsregion Emsland eine Hebammenzentrale ein. Ziel ist es, dass alle Hebammen ihre Kapazitäten und Kursangebote an die Zentrale melden, die diese auf einer Homepage veröffentlicht. Weitere Schwerpunkte der Hebammenzentrale werden auf Vernetzung und Nachwuchsgewinnung gelegt. Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie auf der Internetseite www.hebammenzentrale-emsland.de.

 

  • Medizinisches Versorgungszentrum Werlte – Erstes kommunales MVZ

Werlte wächst. Kontinuierlich, wie die Einwohnerzahlen im bundesweiten Vergleich belegen, und lebenswert, dank sich mitentwickelnder Infrastruktur. Vorausschauend befasst sich der Rat der Stadt Werlte mit der ärztlichen Versorgung und beschließt die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums, das im Juli 2018 die Türen geöffnet hat. Mit Ärzten für Allgemein- und Innere Medizin sowie einer orthopädischen Sprechstunde, mit modernster Ausstattung und einem Konzept, das weiteren Ärzten beste Möglichkeiten bietet. Überzeugend durch multifunktionale Räume und die Übernahme der administrativen Aufgaben durch die Geschäftsführung. Zudem sind Förderungen für Praxis-Niederlassungen und auch Teilzeit-Anstellungen von Allgemeinmedizinern vorgesehen. Unter kommunaler Trägerschaft wurde mit der MVZ Werlte kAöR ein rechtlicher und wirtschaftlicher Rahmen geschaffen, der zur Sicherung der ärztlichen Grundversorgung beiträgt. Ein attraktives Angebot, das eine moderne, wissenschaftlich begründete Arbeitsweise zulässt und junge Mediziner anspricht. Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.

 

  • Netzwerk Hospizkultur – stationäre Pflegeeinrichtungen im Landkreis Emsland

Damit Menschen, die ihre letzte Lebensphase in einer stationären Pflegeeinrichtung verbringen, sowie ihren Angehörigen eine kompetente Sterbe- und Trauerbegleitung zuteilwird, initiierten die Hospiz-Hilfe Meppen und das Lingener Hospiz das Projekt „Netzwerk Hospizkultur – stationäre Pflegeeinrichtungen im Landkreis Emsland“. Wesentliches Ziel war es, hospizliche Strukturen in stationären Pflegeeinrichtungen zu erproben und zu etablieren. In Zusammenarbeit mit den stationären Pflegeeinrichtungen und Hospizdiensten wurden einheitliche Standards entwickelt, um pflegende Mitarbeiter im Umgang mit Sterben, Tod und Trauer zu schulen. Aufgrund des großen Erfolgs ist geplant, das Projekt auf alle stationären Pflegeeinrichtungen im Emsland auszuweiten und ein „Hospiz-Siegel“ zu etablieren.  Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie hier.